: „Fahrlässiges Verhalten schleicht sich ein“
Entscheidend für die Sicherheit eines Genlabors ist nicht seine Lage, sondern die Ausstattung und die Ausbildung des Personals, meint Andrea Tran-Betcke, zuständige Kontrolleurin des Landesamtes für technische Sicherheit
taz: Frau Tran-Betcke, Sie und Ihre Kollegen sind mit 1,3 Stellen für die Kontrolle von rund 430 gentechnischen Anlagen in Berlin zuständig. Ist das ausreichend?
Andrea Tran-Betcke: Anlagen der Sicherheitsstufe 3 werden einmal im Jahr besichtigt, bei Sicherheitsstufe 1 und 2 findet eine Kontrolle mindestens alle zwei Jahre statt. Nach unseren Erfahrungen reicht das aus. Es hat bisher keine schwer wiegenden Vorfälle in Berlin gegeben.
Sie haben nie in letzter Sekunde einen Unfall verhindert?
Nein, die Mängel, die wir finden, betreffen zum Beispiel die Aufzeichnungen oder die Unterweisung der Mitarbeiter. Mit den Jahren können sich auch mal fahrlässige Verhaltensweisen einschleichen. In der Sicherheitsstufe 3 hat man es mit Krankheitserregern zu tun, da herrscht ein viel stärkeres Sicherheitsbewusstsein als in den niedrigeren Stufen, wo die Organismen weniger gefährlich sind. Aber auch da muss man sauber arbeiten.
Wie bewerten Sie den sicherheitstechnischen Standard der Berliner Labore?
Wir befinden uns auf einem sehr hohen Standard und können uns durchaus in der Bundesrepublik sehen lassen. Wir haben natürlich den Vorteil eines Stadtstaates. Wir müssen nicht weit fahren, um die Labore zu erreichen.
Wie prüfen Sie die Labore?
Jede Anlage wird geprüft, bevor sie überhaupt in Betrieb genommen wird. Bei unseren Kontrollen überwachen wir zum einen, ob die Aufzeichnungen korrekt sind. Denn alle gentechnischen Arbeiten müssen aufgezeichnet werden. Dann gucken wir natürlich in die Räume und prüfen, ob die Organismen sicher gelagert und zur Entsorgung abgetötet werden. Wir schauen auch, ob die richtige Schutzausrüstung getragen wird. Es muss vermieden werden, dass Mitarbeiter im Arbeitskittel in die Kantine gehen.
Ist es üblich, Labore der Sicherheitsstufe 4 mitten in einer Großstadt einzurichten?
Weltweit sind die Labore der Sicherheitsstufe 4 in der Regel bei großen Forschungsinstituten angesiedelt. Im Grunde spielt die Lage für die Sicherheit eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist die Ausstattung des Labors und wie das Personal geschult ist.
Ein Genlabor ist keine Feuerwerksfabrik. Wie muss man sich einen Störfall vorstellen?
Das wäre eher vergleichbar mit dem Fall des Touristen, der sich infiziert hat und auf einem Flughafen ankommt. Aber mit dem Vorteil, dass man bei Labormitarbeitern genau weiß, womit sie gearbeitet haben.
Interview: WIBKE BERGEMANN