ruhrgebiet vergreist
: Gähn im Westen

Das was das Berlin-Institut in seiner Vergleichsstudie heraus gefunden hat, ist wenig neu und jagt vielen doch einen Schauer über den Rücken. Dabei haben die Wissenschaftler nur verschnarchte Thesen wiedergekäut: Das Nordrevier sei geprägt von Vergreisung und Abwanderung, in 16 Jahren sei der Pott abgehängt. Wie der italienische Mezzogiorno werde das Gebiet greis einschrumpfen, weil man hier zu lange an überkommenen Industrien festhalte. Hallo?

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Das Lamento der Schrumpfungspropheten ist so alt wie der Strukturwandel im Ruhrgebiet, jene Dreigenerationenaufgabe, die eben genau das tun will, was die Berliner Forscher ins Stammbuch schreiben: Die Überwindung der altindustriellen Strukturen, weil in den Flözen die Jobs flöten gingen und in den Hütten, Stahlwerken...

Dem Ruhrgebiet und dem Land jetzt vorzuhalten, zu lange auf Montan gesetzt zu haben, ist wenig frisch und nicht mal richtig – selbst wenn der Bergbau endlich auf Alimente verzichten muss, würde sich die Lage nicht wesentlich ändern.

Andere Fragen sind interessanter: Warum bleiben auch in zwanzig Jahren noch fünf Millionen Menschen übrig, ganz ohne Schwerarbeitsplätze. Wieso ist der Pott in Folge der Zechenschließungen nicht schon längst entvölkert worden. Warum sind Autobahnen, Unis, Kauftempel und Stadien immer noch so brechend voll? Das wäre spannender gewesen als das ewige Lied von der Ruhrapokalypse.