Perspektiven gibt’s später

Kommenden Dienstag tagt der Senat zum Thema „Kulturhauptstadt-Fonds“. Dabei wird es allerdings nur um Verfahrensfragen gehen – über Geld kann man nicht reden, weil die Kulturverwaltung keinen „Masterplan“ vorlegen kann

Dabei wäreder Handlungsbedarffür das Kulturressort groß

Bremen taz ■ Man weiß nicht recht, mahlen die Mühlen nur langsam oder stehen sie schon? Da gibt es also das Projekt „Kulturhauptstadt“, Bremens Bewerbung für den Titel: Ein Fonds in Höhe von 8,5 Millionen Euro soll eingerichtet werden für Projekte, die in Zusammenhang mit der Bewerbung stehen. Kommenden Dienstag tagt der Senat, um zu beschließen, wer die Mittel nach welchen Kriterien vergibt. Auf der Tagesordnung steht ausschließlich die Verfahrensweise, nicht beschlossen wird allerdings, ob die Mittel tatsächlich in anvisierter Höhe zur Verfügung stehen und wie genau sie im Haushalt darzustellen sind.

Dabei ist die Entscheidung über das Geld keineswegs nur eine selbstverständliche Formalie: Der Kulturhauptstadt-Fonds ist als Sondertopf geplant, der im Haushalt als Investition verbucht werden muss. Freigegeben werden die Mittel erst, wenn sie gegenüber dem Finanzsenator auch als investive Mittel beschrieben werden, und das heißt: Ein Plan muss her, in dem die Kulturverwaltung aufzeigt, was sie perspektivisch vorhat. Laut Senatsbeschluss vom vergangenen Oktober soll dieser „Masterplan“ auch „bis zur Entscheidung des Senats über die Haushalte 2004/2005“ vorliegen. Tut er aber nicht.

Warum? Helge Rehders, Sprecher von Kultursenator Hartmut Perschau (CDU), sagt: „Der Auftrag ist nicht ganz klar“ und nennt zwei Papiere, die in der Kulturverwaltung in Arbeit seien. Papier Eins solle als Vorlage für die Haushaltsbeschlüsse dienen, liege aber jetzt noch nicht vor, sondern erst im Sommer, wenn die Bürgerschaft über den Haushalt befindet. Papier Zwei soll im Sinne einer „Leitbilddiskussion“ die Zukunft der Bremer Kulturlandschaft verhandeln – eine „komplexe Sache“, so Rehders. Einen konkreten Termin für die Veröffentlichung dieses zweiten Papiers gibt es nicht.

Dabei wäre der Handlungsbedarf für das Kulturressort groß: Zu hören ist, dass das Ressort in den Jahren 2004 und 2005 vier Millionen Euro einsparen muss – offiziell heißt es, der Koalitionsbeschluss über die Eckwerte sei noch zu frisch, als dass man dessen Auswirkungen auf den Kulturhaushalt schon kennen würde. Da sich der Sparbeschluss im laufenden Jahr nicht mehr umsetzten ließe, müsste man sämtliche vier Millionen im kommenden Jahr einsparen. 2005 aber fällt die Entscheidung über Bremens Kulturhauptstadtbewerbung und ein deutlich gekürzter Kulturhaushalt wäre für die Entscheidungskommission in Brüssel ein denkbar schlechtes Signal.

Bliebe die Möglichkeit, die Kürzungen im regulären, konsumptiven Haushalt mit dem Kulturhauptstadt-Fonds aufzufangen. Der Sondertopf würde damit zum Notnagel, sein Sinn und Zweck der Profilierung Bremens wäre dahin. Und abgesehen davon wären diverse Formulierungskünste möglich, dem Finanzsentator die Kompensation im konsumtiven Bereich als Investition zu verkaufen.

Außerdem soll über den 8,5 Millionen-Topf nicht die Kulturverwaltung allein, sondern ein Entscheidungs-Gremium befinden. Dem sollen laut Senatsvorlage neben Kultursenator Perschau der Bewerbungsintendant Martin Heller, die kulturpolitischen Sprecherinnen von CDU, SPD und Grünen und eine noch zu verhandelnde zivilrechtliche Körperschaft der Kulturlandschaft angehören. Außerdem redet die stadteigene Bremer Marketing GmbH (BMG) mit, bei der der Topf angesiedelt wird.

Alle sollen die gleiche Stimme haben, Bewerbungsintendant Heller allerdings entscheidet darüber, welche im Projektbüro eingehenden Projektvorhaben er zur Beschlussfassung vorstellt. Und die Kriterien für die Vergabe von Geldern werden laut Vorlage jene Schlagworte sein, die schon lange im Zusammenhang mit der Bremer Bewerbung fallen: Innovation, Attraktivitätssteigerung, Profilbildung, bürgerschaftliches Engagement. Bremens Stärken sollen gestärkt werden. Wäre die Bremer Kulturverwaltung Antragsteller in eigener Sache, sie hätte keine guten Karten.

Klaus Irler