Schwer vermittelbar

Trotz Ankündigung, 2005 schwarze Zahlen zu schreiben: Durch den Einstieg der SPD-Medienholding ist die „Frankfurter Rundschau“ noch nicht gerettet

VON STEFFEN GRIMBERG

Die Deutsche Druck und Verlags Gesellschaft (DDVG) ist an Kritik gewöhnt: Eine Rubrik auf der Homepage der SPD-Medienholding (www.ddvg.de) geht schon mal präventiv gegen die aus ihrer Sicht gröbsten Unterstellungen vor. „Behauptet wird – die SPD besitze ein Medien-Imperium“, steht da zum Beispiel. Antwort: „Wahr ist, dass die SPD über die DDVG […] an einer Reihe von Verlagen bzw. Verlagsgruppen beteiligt ist, die regionale bzw. lokale Tageszeitungen herausgeben.“ Diese machten mit „gerade einmal rund 435.000“ Exemplaren täglich keine 2 Prozent der deutschen Gesamtauflage aus.

Der Passus muss dringend überarbeitet werden: Mit dem Kauf von 90 Prozent der Anteile an der Frankfurter Rundschau rückt die DDVG in den Kreis der zehn größten Verlagsgruppen der Republik vor. Und wenn sie schon mal dabei ist, könnte die DDVG gleich den passenden Vorwurf zurückweisen: „Behauptet wird – die FR wird nun Hofberichterstatter der SPD.“ Antwort: „Wahr ist, dass die DDVG keinerlei Einfluss auf die redaktionelle Linie ihrer Blätter nimmt.“

Wahr ist allerdings auch, dass diese redaktionelle Linie der FR der SPD-Holding nicht eben unpassend erscheinen dürfte – und sie sich auch deshalb auf die Rettung in Rot eingelassen hat. Das Dilemma zwischen indirektem Parteieigentum und redaktioneller Unabhängigkeit jedenfalls bleibt. „Überparteilich“ stand zum Glück nie im FR-Titelkopf.

Diesem publizistischen Problem stellt sich das Blatt mit der ihm eigenen Offenheit: „Die Rundschau folgt ihren Grundwerten und niemandem sonst“, bekräftigte gestern die Chefredaktion auf einer Themenseite in eigener Sache. Wahr ist: Die DDVG hat sich verpflichtet, die in der Satzung der FR verankerten Leitlinien (unabhängig, linksliberal) zu übernehmen. Die SPD-Holding ist auch nicht gerade enthusiastisch zur FR gezogen, sondern hatte wegen der wirtschaftlichen Risiken länglich gezögert. Auch dieses Problem Nummer zwei ein Indiz, dass gegen langfristiges Parteikalkül spricht. Und trotzdem das Grunddilemma nicht aus der Welt schafft.

„Wir haben uns nicht vorgedrängelt“, zitiert die FAZ den DDVG-Geschäftsführer Gerd Walter. Was sollte man aber tun: Die FAZ, selbst nicht eben ungebeutelt in der Zeitungskrise, ist zwar noch schuldenfrei. Doch winkte dankend ab, sich überregional durch eine linksliberale Schwester und Schulden in Höhe von mindestens 70 Millionen Euro zu „verstärken“. Die Gewerkschaftsholding BGAB, ebenfalls als potenzieller Investor angegangen, hatte Mitte Februar geradezu irritiert auf die FR-Avancen reagiert. Man ließ sich zwar die Bücher zeigen, doch hieß es gleich: „Wir machen das nicht mit großer Euphorie.“

Denn die Zahlen zeigen weiter nach unten: Trotz Blattreform im Oktober 2003 sinkt die Auflage. Rund 112.000 Abonnenten hat die FR aktuell. Zum Jahresende waren es noch 2.000, im Vergleich zum ersten Quartel 2003 sogar 8.000 mehr. Auch die Zahl der Kioskverkäufe geht zurück. Ein noch härterer Sparkurs soll nach DDVG-Ankündigung nun dafür sorgen, dass das Blatt 2005 wieder schwarze Zahlen schreibt. Von den derzeit rund 1.000 Mitarbeitern müssen noch mal 250 – rund 100 mehr als geplant – gehen. Der ursprünglich vereinbarte Kündigungsstopp bis Ende 2004 – Gegenleistung des Verlags für den bereits länger praktizierten Gehalts- und Sonderleistungsverzicht der Mitarbeiter – ist offenbar aufgehoben.

Und wenn die Sanierung dereinst geschafft ist, tritt automatisch Problem eins wieder in den Vordergrund: Dann fließt das Geld, das die Redaktion mit ihrem unabhängigen Journalismus verdient – zu 90 Prozent in die Koffer der SPD.