lokalkoloratur

Ein Gentleman wird 75. Zwar erst übermorgen, aber was das Formvollendete angeht, hatte die taz noch nie eine Chance gegen Klaus von Dohnanyi. Von 1981 bis 88 war der gebürtige Hamburger Erster Bürgermeister seiner Heimatstadt, aus der Bundespolitik zurückgeholt von einer hilflosen SPD, die ihren Stadtregenten Hans-Ulrich Klose loswerden wollte; sieben Jahre später in den Rücktritt getrieben von einem ehrgeizigen Henning Voscherau, der Präses anstelle des Präses werden wollte. Da hatte er den Friedensschluss mit der Hafenstraße gegen die Hardliner in seiner Partei durchgesetzt, das Museum der Arbeit in Kauf genommen, das dem Edelmann unter den Sozialdemokraten nie gefallen mochte, und dem Schauspielhaus-Intendanten Peter Zadek die legendäre Rüge „Wir lieben unsere Klassiker, und wir freuen uns, wenn wir sie wiedererkennen“ erteilt. Denn als Schöngeist galt der Jurist aus einer Familie voller Künstler und Gelehrter zeitlebens, zugleich und gerade deshalb als „Herrenreiter“ geschmäht von denen, die den angeblich so originär sozialdemokratischen Stallgeruch aus Kneipendunst und Achselschweiß an ihm vermissten. Einer „zum Anfassen“ war und ist er nicht, aber das wollte er auch nie sein. Herzliche Glückwünsche gibt es dennoch. Oder gerade deshalb. SMV