: Schuldig des Mordes in fünf Fällen
Der Palästinenser Marwan Barguti, Chef der Fatah im Westjordanland, wird in Israel verurteilt
JERUSALEM taz ■ Marwan Barguti, ehemaliger Chef der Palästinenserorganisation Fatah im Westjordanland, ist schuldig in fünf Mordfällen. So entschied das Bezirksgericht Tel Aviv gestern früh. Das Strafmaß soll am 6. Juni bekannt gegeben werden. Die Staatsanwaltschaft beantragte fünfmal lebenslänglich.
„Es ist unwichtig, ob ich im Gefängnis sitze oder nicht“, kommentierte der Verurteilte. Auch im Gefängnis zu sterben sei für ihn nicht von Bedeutung. „Mein Tag der Befreiung wird kommen, wenn das gesamte palästinensische Volk von der israelischen Besatzung befreit wird.“
Das Gericht befand, dass der „Angeklagte die meiste Zeit keinen direkten Kontakt zu den Aktivisten unterhielt, die die Attentate ausübten“, sondern über Mittelsmänner dafür gesorgt habe, die „Feldeinheiten“ mit Geld und Waffen auszustatten. Unmittelbar veranwortlich sei er für die Planung dreier Attentate, bei denen fünf Menschen starben, sowie für versuchten Mord und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. In 33 ihm zur Last gelegten Mordfällen reichte die Beweislage nicht aus.
Der 43-Jährige hatte die Zuständigkeit des „Besatzungsgerichts“ nie anerkannt und ließ sich nicht von Anwälten vertreten. Vor gut zwei Jahren war er von einem Sonderkommando in Ramallah entführt worden. Sechs Monate später wurde der Prozess gegen ihn aufgenommen. Bis zu seiner Entführung, die seine Popularität zusätzlich ansteigen ließ, galt Barguti als möglicher Nachfolger für Palästinenserpräsident Jassir Arafat.
Barguti gehörte zu den lebhaftesten Verfechtern der in Oslo vereinbarten Zwei-Staaten-Lösung. „Glaubt Israel wirklich, dass es einen moderateren Gesprächspartner finden wird als mich, einen, der [Stabschef Schaul] Mofaz jeden Morgen Kaffee kocht?“, fragte er in einem Pressegespräch wenige Wochen vor seiner Verhaftung.
Vor dem Gericht waren einige Dutzend Anhänger und Gegner versammelt, um das Urteil zu hören. „Du wirst nicht so lange brauchen wie Mandela, um rauszukommen“, rief ihm der arabische Knessetabgeordnete Mohammad Barakeh zu. „Die gleichen Israelis, die dich heute veruteilen, werden am Ende mit dir verhandeln.“ SUSANNE KNAUL