: Zumthor weg vom Fenster
Bund und Land einig: Topographie des Terrors wird nicht nach den Plänen des Architekten Peter Zumthor fertig gestellt. Treppentürme werden abgerissen. Nun wird billigerer Entwurf gesucht
VON PHILIPP GESSLER
Am Ende waren alle noch einmal voll des Lobes: Den Entwurf des Schweizer Architekten Peter Zumthor für die NS-Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ hätten alle Beteiligten „sehr bewundert“, sagte die Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos). Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nannte den geplanten Betonstäbebau auf der überwucherten Brache in Kreuzberg ein „genialisches Kunstwerk“. Und Andreas Nachama, der geschäftsführende Direktor der Stiftung „Topographie des Terrors“ lobte den Entwurf des Stararchitekten aus einem Bündener Alpendorf als „große Architektur“, ja „eine Ikone der Architektur des späten 20. Jahrhunderts“.
Nur leider wird das hoch gelobte Bauwerk nie entstehen: Nach einem Gespräch mit ihren Bauexperten entschlossen sich Weiss, Junge-Reyer, Nachama und Kultursenator Thomas Flierl, (PDS) einen Schlusstrich zu ziehen unter das ewige Gerangel um den Bau, der an die Nazi-Schreibtischtäter von Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt erinnert. Der Grund sind Risiken für Mehrkosten von drei bis fünf Millionen Euro allein für den Bau des Entwurfs von Zumthor. Hinzu kämen nach Auskunft von Weiss noch „unkalkulierbare Kosten“ für den Betrieb der Gedenkstätte, wie erst seit kurzem klar geworden sei.
Aber das Projekt soll noch einmal neu ausgeschrieben werden – und die Beteiligten geben sich der Hoffnung hin, dass der erste Spatenstich schon in zwei Jahren erfolgen werde und der neue Bau, und zwar nicht „Zumthor II“, wie Flierl klarstellte, dann in vier Jahren steht. Ein ehrgeiziges Projekt, zumal die beteiligten Bauparteien bei den Kosten von 38,9 Millionen Euro bleiben wollen, und das, obwohl davon bereits 13 Millionen verbaut wurden. Mit zwei Millionen sollen die Abrissarbeiten und die Honorare für Zumthor abgeglichen sein, meint Junge-Reyer.
Zumthor zeigte sich ob der Entscheidung im fernen Berlin „sprachlos“ und „erschüttert“ – er habe „elf Jahre Blut, Schweiß und Tränen“ investiert. Umsonst, wie es jetzt scheint. Bei den Diskussionen der letzten Wochen sei der Eindruck entstanden, als ob „dieses Projekt zu anderen geschichtspolitischen Bauten wie etwa dem Holocaust-Mahnmal nachrangig“ sei, sagte Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS). „Bund und Land stehen aber dazu, dass die ,Topographie des Terrors‘ ein eigenes Gebäude braucht.“
Auf dem 6,2 Hektar großen Gelände der „Topographie des Terrors“ am Gropiusbau befand sich zwischen 1933 und 1945 das Hauptquartier von Gestapo und SS-Führung. Der vor zehn Jahren begonnene Bau des Dokumentationszentrums hatte sich wegen Verteuerung und Konkurs von zwei Bauunternehmen immer wieder verzögert. Bisher stehen auf dem Gelände nur Treppentürme.
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