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Archiv-Artikel

INTERVENTION IM SUDAN – SCHNELL GEFORDERT, ABER WENIG DURCHDACHT Wenn Soldaten nur die Helfer schützen

Die Diskussion um ein internationales Eingreifen in der sudanesischen Kriegsregion Darfur erfährt eine ungute Zuspitzung. Seit Sudans Regierung angekündigt hat, den Zugang für internationale Hilfsorganisationen in die Darfur-Provinzen zu erleichtern, dreht sich alles nur noch darum, ob und wann die Hilfswerke denn wirklich hineindürfen.

Dass es eine Million Vertriebene gibt, denen geholfen werden muss, ist aber nicht Ursprung der Krise, sondern ihr Ergebnis. Die Hilfe ist nur notwendig, weil diese Menschen von Milizen aus ihren Dörfern verjagt wurden. Sie zu versorgen beendet nicht die Vertreibungen. Je mehr Hilfswerke in Darfur Flüchtlinge füttern, desto weniger müssen sich die Urheber „ethnischer Säuberungen“ um das Schicksal ihrer Opfer sorgen. Dies ist ein Dilemma humanitärer Hilfe im Krieg. Zudem haben die Experten der UN-Menschenrechtskommission, die im April in Darfur mit Kriegsopfern sprachen, betont, dass Darfurs Vertriebene massive Hilfslieferungen oft ablehnen – aus Angst, zur Zielscheibe plündernder Milizen zu werden.

Wer unter solchen Bedingungen dennoch helfen will, muss sich der Diskussion um militärischen Begleitschutz für Hilfe stellen. Die aktuellen Forderungen nach UN-Truppen, wie sie zum Beispiel jetzt von Teilen der Bundesregierung erhoben werden, gehen in diese Richtung. Aber wer so diskutiert, landet schnell im nächsten Dilemma humanitärer Hilfe im Krieg: Ist es vertretbar, dass ausländische Eingreiftruppen zwar die Helfer schützen – nicht aber die Opfer eines Krieges? Muss eine Intervention nicht viel weiter gehen?

In einem solchen Fall wäre Sudan eher mit dem Irak zu vergleichen als mit, zum Beispiel, dem Kongo. Internationale Militärinterventionen in Afrika hat es zwar schon viele gegeben. Eingreifen in Ländern, in denen es funktionsfähige Regierungen gibt, die sich zudem gegen eine Intervention stellen, wären aber selbst in Afrika etwas Neues. Wer das im Sudan will, soll es sagen. Aber millimeterweise in eine Interventionsdebatte mit offenem Ausgang zu schleichen ist politisch unklug.

DOMINIC JOHNSON