: Fratini statt Berlusconi
FDP-Fraktionsvize fordert Rücktritt Berlusconis als EU-Ratsvorsitzender. Der fordert mehr Macht in Italien
BERLIN ap ■ Die Ablösung des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi vom Amt des EU-Ratsvorsitzenden hat der FDP-Fraktionsvize Werner Hoyer gefordert. Er nannte Berlusconis Auftritte „eine Provokation und einen unglaublichen Skandal“. Der italienische Außenminister Franco Fratini solle das Amt übernehmen. Der von Berlusconis Ausfall betroffene Europaabgeordnete Martin Schulz (SPD) verlangte eine Entschuldigung des Regierungschefs vor der Straßburger Kammer.
Der Exstaatsminister im Auswärtigen Amt, Hoyer, sagte, Berlusconi habe seine Entschuldigung für den von ihm verursachten Eklat im EU-Parlament zurückgenommen. Damit habe er die „goldene Brücke“, die ihm Bundeskanzler Gerhard Schröder gebaut habe, nicht betreten. Mit jeder Äußerung verschlimmere Berlusconi die Lage. Der Schatten, den Berlusconi auf die italienische Demokratie gelegt habe, drohe sich nun auf die EU auszuweiten. Dies geschehe ausgerechnet in einer kritischen Phase der EU-Integration, in deren Mittelpunkt unter italienischem Vorsitz die Verabschiedung der EU-Verfassung stehe. Diese schwierige Aufgabe verlange mehr Fingerspitzengefühl und Integrationskraft, als von Berlusconi zu erwarten sei.
Berlusconi strebt derweil in Italien eine Verfassungsreform an, die seine Macht stärken soll. Der Regierungschef soll demnach künftig auch das Recht bekommen, Minister zu ernennen und zu entlassen und das Parlament aufzulösen. Derzeit liegt diese Kompetenzen noch beim Staatspräsidenten. Zudem soll der Ministerpräsident künftig vom Volk direkt gewählt werden.