: Raumfahrt mit Droge
Geschäftssinn auf dem Mond: Eine Oper von Joseph Haydn, „übermalt“ von Günter Steinke, hatte am Leibnizplatz Premiere. Liebevoll ausgestattet von Studenten der Hochschule hatte allein das Orchester schwache Momente
taz ■ Der fette Herr Bohnsack ist von seinen Töchtern und Schwiegersöhnen betrogen worden: Er befinde sich auf dem Mond, haben sie ihn mit Hilfe von Opium glauben gemacht, wo er sein altes Eisen zu Gold machen und mit jungen Mädchen zusammen sein könne. Nach der unweigerlichen Entdeckung des Betrugs verknust er seinen Ärger aber schnell und handelt fortan als Geschäftsmann. Dieselbe Täuschung, die ihm widerfuhr, soll nun Besucher in den Luna-Park (natürlich eine Anspielung auf den Bremer Space Park) locken.
Die vom Komponisten Günter Steinke bearbeitete Oper „Welt auf dem Mond“ von Joseph Haydn schöpft aus dieser Trug-Situation Komik und Turbulenz ohne Ende. Eingefädelt als Kooperation der Hochschule für Künste und der Bremer Shakespeare Company, konnten sich die Fachbereiche Musik, bildende Kunst und Mode/Design regelrecht austoben. Das Bühnenbild, ein überdimensionales Schiffsdeck, überzeugte das Premierenpublikum spontan, auch bei den Fantasiekostümen offenbarte sich eine sehr liebevolle und detailgenaue Handschrift, die man im Stadttheater lange nicht mehr gesehen hat.
Im Verhältnis dazu schienen den MusikerInnen noch ein paar Orchesterproben zu fehlen. Da Komponist Steinke die Vorlage von Haydn aus dem Jahr 1777 lediglich „übermalte“, wie er selbst es ausdrückt, Haydn also immer mehr oder weniger durchschimmert, war oft nicht deutlich, ob es sich nun um schräg gespielten Haydn oder um Steinke handelt. Dirigent Rida Murtada tat, was er konnte und brachte das Ganze letztlich zu einem befriedigenden Ergebnis.
Den jungen SängerInnen jedenfalls war die Lust, mit der sie bei der Sache waren, in jedem Takt anzusehen. Sie hatten mit dem Regisseur der Shakespeare Company, Renato Grünig, jemanden gefunden, der mit unendlicher Sorgfalt die sehr verschiedenen Leistungsstandards zu einem überzeugenden, geschlossenen Ganzen fügte. Verwurzelt in der Spielweise der italienischen Commedia dell‘Arte mit ihren ironischen und satirischen Typisierungen, beeindruckte die ebenso präzise wie komische Gestik, sei es nur eine Handbewegung, eine bestimmte Köperhaltung oder auch ein Blick.
Hilfreich war sicher die Entscheidung, für die Hauptrolle Can Tufan vom Bremer Opernchor zu engagieren, der mit ungemeiner Präsenz und Klarheit die verwirrten Menschen um sich herum organisierte. Der Erfahrungswert für die Studierenden, aber auch der Erlebniswert fürs Publikum kann bei einer solchen Gemeinschafts-Produktion nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Ute Schalz-Laurenze
Die nächsten Aufführungen am 16., 18. und 19. Juli, jeweils um 19 Uhr 30 im Theater am Leibnizplatz