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Archiv-Artikel

Keine Spur der Besserung: Der Wald ist sauer

Deutschlands Waldböden bekommen Jahr für Jahr weniger Kalk. Das gefährdet die Trinkwasservorräte

BONN taz ■ Deutschlands Waldböden versauern weiter, weil sie nicht genug Kalk bekommen, der die Säuren neutralisieren würde. Auf diesen Missstand wiesen Waldbesitzerverbände, Institute für Bodenkunde und Waldernährung, Düngekalk-Hauptgemeinschaft, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und Stiftung Wald in Not gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz hin. Dringend nötig sei eine Bodenschutzkalkung in diesem Jahr bei 300.000 Hektar Wald, doch nur 70.000 Hektar würden sie voraussichtlich erhalten. Im Vorjahr wurden noch 90.000 Hektar Waldboden gekalkt.

In den letzten 50 Jahren hat sich der Säuregehalt in den Waldböden aufgrund von Schwefeloxiden und Stickstoffverbindungen verhundertfacht. „Die Böden versauern, und die Artenvielfalt des Waldes geht zurück“, erklärte Bernd Krebs, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Das gefährde die Trinkwasserversorgung. „Die Feinwurzeln sterben ab, giftiges Aluminium, Mangan und Nitrat gelangen ins Grundwasser.“ Nur ausreichende Mengen Kalk könnten verhindern, dass das Ökosystem Wald umkippe.

„Von den rund 10 Millionen Hektar Gesamtwaldfläche in Deutschland sind rund zwei Drittel zum Teil dringend kalkungsbedürftig“, so Ralph Kuhlmann, Vorsitzender der Düngekalk-Hauptgemeinschaft. Tatsächlich würden aber durchschnittlich nur 100.000 Hektar Fläche jährlich behandelt. Bei Wiederholungsintervallen von 10 Jahren seien in dieser Zeit also von fast 7 Millionen Hektar nur 1 Million gekalkt worden. Und die Differenz werde Jahr für Jahr größer, was vor allem an der „unklaren und restriktiven Förderpolitik der Bundesländer“ liege: In einigen Ländern werden die Waldkalkungen vollständig gefördert, in anderen nur zum Teil. Besonders unbefriedigend sei die Situation in Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Die Experten kritisierten die jüngsten Äußerungen von Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne), dem Wald gehe es wieder besser. Beim Waldsterben von einer „Trendumkehr“ zu sprechen, sei unverantwortlich: Vor 20 Jahren seien 56 Prozent der Waldbestände geschädigt gewesen, heute seien es 65 Prozent. BERND MIKOSCH