: Betongarten für Aal
Ein künstliches Riff in der Ostsee soll Aal und Dorsch mehr Futter bieten und den Fischern wieder die Netze füllen
NIENHAGEN afp ■ Ein künstliches Riff für die Fische der Ostsee: Im August sollen mehr als 1.000 große Betonteile vor der mecklenburgischen Küste im Meer versenkt werden. Drei Kilometer vor Nienhagen westlich von Rostock sollen sich in elf Metern Tiefe Röhren, Kegel und Vierzacke bis zu drei Meter hoch auftürmen. Vertäut mit Leinen und überspannt mit Netzen soll so ein künstliches Riff entstehen, das erste seiner Art in der Ostsee.
In der Größe von acht Fußballfeldern wird es den sandigen Meeresboden bedecken. Mit dem Großversuch wollen das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Europäische Union versuchen, mehr „Futter bei die Fische“ zu bringen. Plankton, Algen, Seepocken und Kleinstpolypen sollen sich auf und zwischen dem Beton- und Netzgewirr ansiedeln. Miesmuscheln und Seesterne sind ebenfalls willkommen. Fische wie Schwimm- und Sandgrundel sollen sich daran satt und groß fressen – bevor sie selbst Beute der Dorsche, Flundern oder Aale werden.
„Der Ostseegrund ist strukturarm“, erklärt Hans-Joachim Jemmerich von der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommerns. Im flachen Sand finden kleine Lebewesen kaum Halt und die kleinen Fische kein Versteck vor den großen. „Dieses Unterwasserhabitat bringt der Ostsee mehr Biomasse, also mehr Nahrung. Jungfische bekommen Aufwuchs- und Ruhezonen“, sagt Jemmerich. Die Grundlagen für die Ostsee-Fischerei würden so verbessert.
Möglich wird das künstliche Riff laut Jemmerich, weil die EU ihre Fischereiförderung umstelle. Bislang setzte sie auf bessere Schiffe und modernste Fangtechnik, um mehr Fisch aus den Meeren zu holen. „Doch nun gehen die Fischbestände zurück“, sagt der Experte. Einige Arten sind zwar nicht vom Aussterben bedroht, aber so dezimiert, dass sie nicht mehr gefangen werden dürfen. Darum sei es sinnvoll, sich um den Nachwuchs zu kümmern, statt Fische mit immer ausgefeilterer Technik aus dem Meer zu holen.
Ostseeurlauber könnten auch profitieren und vor Nienhagen künftig einen Hauch von Malediven erleben: Einige Forscher erwägen, die künstlichen Riffe als „Unterwassergarten“ zur Tauchattraktion zu machen.