off-kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Vampire Hunter D“ (Engl. Fassung) 14. 8.–20. 8. im Eiszeit 1

Wer denn die Musik auf den Schallplatten der Firma Motown, etwa auf jenen Smokey Robinsons, eingespielt habe? Die Kunden eines Plattenladens in Detroit zeigen sich von der Frage eines Filmteams überrascht und kommen ganz schön ins Grübeln. Es waren, so klärt uns die Dokumentation „Standing in the Shadows of Motown“ von Paul Justman auf, die Funk Brothers: Musiker aus der Jazzszene Detroits, die Berry Gordy 1959 für seine neue, nach der „Motor-City“ benannte Plattenfirma engagierte und die in leicht wechselnden Besetzungen bis in die frühen Siebzigerjahre hinein den Soulsound des Labels bestimmten. Im Gegensatz zu populären Sängern und Gesangsgruppen wie Marvin Gaye, Smokey Robinson, den Supremes und Temptations blieben die Funk Brothers jedoch stets im sprichwörtlichen Schatten, aus dem der Film sie nun verdientermaßen hervorholt. Jahrzehntelang habe man sich Gedanken gemacht, wie der typische Motown-Sound zustande gekommen sei, erzählt der Schlagzeuger Uriel Jones da ein wenig spöttisch, und habe dabei alles in Betracht gezogen: die Sänger, die Produzenten, den Holzfußboden des legendären „Hitsville U.S.A.“-Studios und sogar das Essen – auf die Idee, dass es etwas mit den Musikern zu tun hatte, sei jedoch niemand gekommen. Im Mittelpunkt des Films stehen deshalb die Aufnahmen eines Reunion-Konzertes, bei dem die Funk Brothers mit Gastsängern und -sängerinnen wie Joan Osborne, Ben Harper, Chaka Khan und Bootsy Collins die mitreißenden Motown-Hits noch einmal lebendig werden lassen. Doch nicht nur die Musik macht Spaß, auch die Erinnerungen und Anekdoten der charmanten älteren Herren bereiten Vergnügen: notwendige oral history und ein würdiger Abschluss für ein wichtiges Kapitel der Popgeschichte.

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„Schießen Sie auf den Pianisten“ (OF m. engl. UT) 17. 8., Arsenal 2

Eine Romanvorlage von David Goodis, Schwarzweiß-Fotografie und Low-Key-Beleuchtung, Gangster mit Pistolen und Regenmänteln: Auf den ersten Blick erscheint François Truffauts zweiter langer Spielfilm „Schießen Sie auf den Pianisten“ (1960) wie eine Hommage an den amerikanischen Film noir. Tatsächlich hat Truffaut die Geschichte vom Barpianisten Charlie, der durch seinen Bruder in eine Auseinandersetzung mit Gangstern gerät, jedoch vor allem auf sein eigenes Lieblingsthema hin ausgerichtet: das Verhältnis von Männern und Frauen. Truffauts Sympathien lagen dabei ja meist auf Seiten des weiblichen Geschlechts, auch im „Pianisten“: Während der gehemmte Charlie sein Gefühlsleben und seine Handlungen nicht in Einklang bringen kann und durch seine vermeintliche Gefühlskälte immer wieder tragische Ereignisse heraufbeschwört, wirken die Frauen warmherzig und aktiv, müssen jedoch stets unter den Dummheiten der Männer leiden.

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„Standing in the Shadows of Motown“, 14.–20. 8., Neue Kant Kinos 2

Wie so oft im Fantasy-Genre macht der Plot nicht allzu viel Sinn, dafür gestaltet sich die visuelle Umsetzung umso schöner: Für ihren nach der berühmten Romanserie von Hideyuki Kikuchi entstandenen Zeichentrickfilm „Vampire Hunter D“ haben sich Regisseur Yoshiaki Kawajiri und sein Team die schönen Buchillustrationen von Yoshitaka Amano zum Vorbild genommen: In dem wilden Genre-Mix aus romantischer Vampir-Fantasy, Science-Fiction und grobem Horror erscheint der unsterbliche Held – halb Mensch, halb Vampir – als ein schmales, stets in Schwarz gekleidetes und nahezu gesichtsloses Wesen, das auf der wilden Jagd nach den nahen Verwandten neo-neo-neo-romantische Landschaften durchquert und neo-neo-neo-gotische Schlösser besucht – verschnörkelter dürfte es kaum mehr gehen. LARS PENNING