Und noch ’ne Brille

Heinz Erhardt wäre am Freitag 100 Jahre alt geworden. Geboren in Riga und aufgewachsen in Hannover, lebte der Entertainer seit Kriegsende im Hamburger Villenviertel Wellingsbüttel. taz-Autorin Uta Gensichen ging dort mit Fotografin Ulrike Schmidt auf Spurensuche und fragte: Können Sie auch heute noch über Heinz Erhardt lachen?

Wenn Ulrike Blöß (41) an Heinz Erhardt denkt, denkt sie unwillkürlich auch an ihren Vater. „Als Kind habe ich oft zusammen mit meinem Papa auf dem Sofa gesessen und wir haben Heinz Erhardt-Filme geschaut“, erzählt die Blumenverkäuferin. Immer wenn ihr Vater gelacht habe, musste auch sie lachen. „Heinz Erhardt war so schön tolpatschig und irgendwie auch niedlich“, sagt sie. An einen Witz des Hamburger Komikers, Dichters und Schauspielers könne sie sich leider nicht mehr erinnern. „Aber wenn mein Vater jetzt hier wäre, der könnte Ihnen was erzählen“.

„Ich mag seinen tiefgründigen Humor“, sagt der 67-Jährige Dieter Schulz. An Erhardts Wortspielereien schätze er besonders, dass diese leicht daherkämen, obwohl der Komiker Stunden für so manchen Reim gebraucht haben soll. Außerdem liebe der Rentner alle Filme, in denen Heinz Erhardt mitgewirkt hat. Ganz besonders möge Schulz den Klassiker „Immer die Radfahrer“ aus dem Jahr 1958. Von seiner Ehefrau, einer echten Wellingsbüttlerin, wisse Schulz sogar Privates über den Entertainer. „In seiner Familie herrschte Zucht und Ordnung“, erzählt er.

Lebhafte Erinnerungen sind es, die Gerriet Schulz (55) mit Heinz Erhardt verbindet. Sie wuchs nur wenige Häuser von ihm entfernt auf. Freundlich und charmant sei er gewesen, erzählt sie. Zum Geburtstag einer Nachbarin sei der berühmte Komiker aus der Tür seines Backsteinhauses getreten, ging mit hinter dem Rücken verschränkten Armen zu ihr, zog eine langstielige rote Rose hervor und gab der Dame einen galanten Handkuss. Jeder im Viertel habe Erhardt gekannt. „Der fiel ja auch durch seinen Gang auf“, erinnert sich Gerriet Schulz und lacht.

Heinz Erhardt? Noch nie gehört. „Ich weiß leider nichts über ihn, was hat der gemacht?“, fragt Sezgin Akgül. Der 23-Jährige arbeitet als Einzelhandelskaufmann im Alstertaler Einkaufszentrum. Durch die Scheiben seines Geschäftes im Erdgeschoss kann er auf die vielen Fotografien und Aufsteller der Heinz-Erhardt-Ausstellung schauen. Der Mann mit der dicken Hornbrille und der wirren Frisur sagt ihm allerdings nichts. „Mich bringen andere Sachen zum Lachen“, sagt Akgül. Witzig finde er den Quatsch Comedy Club und manchmal Otto Waalkes.

„Ohne Heinz Erhardt wäre Deutschlands Humorlandschaft etwas ärmer“, sagt Harry Schaub (75). Auf dem Schulhof habe er zusammen mit Erhardts Tochter Grit, genannt Gigi, gespielt. Das war natürlich etwas Besonderes für den zwei Jahre älteren Schüler Schaub. „Damals war ihr Vater schon eine Größe“, sagt er. Erhardts Filme habe Schaub immer gerne geguckt, später dann mit seinen eigenen Kindern. Die Streifen seien einfach niedlich. „Interessant finde ich aber auch, wie sich darin die 50er Jahre und das Hamburg der Nachkriegszeit widerspiegeln“, sagt er.