: Der Fünf-Millionen-Dollar-Terrorist
Ahmed Khalfan Ghailani aus Sansibar, einer der 22 von den USA meistgesuchten Terroristen, wurde in Pakistan gefasst
„Ermordung von US-Bürgern außerhalb der Vereinigten Staaten; Verschwörung zur Ermordung von US-Bürgern außerhalb der Vereinigten Staaten; tödlicher Angriff auf eine bundesstaatliche Einrichtung.“ Dies wirft die US-Bundespolizei FBI dem Tansanier Ahmed Khalfan Ghailani auf ihrer Homepage unter der Rubrik „Most Wanted Terrorists“ vor. Sie zeigt drei Fotos eines jungen und schmächtigen Afrikaners. Am Sonntag wurde der mutmaßliche Al-Qaida-Terrorist in der pakistanischen Industriestadt Gujarat 160 Kilometer südöstlich von Islamabad nach mehrstündiger Belagerung festgenommen. Innenminister Faisal Saleh Hayat gab dies jedoch erst gestern bekannt, angeblich, weil es so lange dauerte, Ghailanis Identität zu überprüfen.
Ghailani wird vorgeworfen, in die Anschläge auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia am 7. August 1998 verwickelt gewesen zu sein. Damals starben 224 Menschen, darunter 12 US-Bürger. Ghailani soll für den Anschlag in Daressalam mit 11 Toten den Lkw beschafft haben, der samt Sprengstoff und anderem von ihm besorgten Material zur Explosionsverstärkung zur rollenden Bombe wurde. Nach FBI-Angaben spielte er bei dem Anschlag eine Schlüsselrolle. Noch am 26. Mai dieses Jahres zählte US-Justizminister John Ashcroft ihn zu den sieben Terroristen, die in den USA selbst Anschläge durchführen könnten.
Ghailani, der 30 oder 34 Jahre alt sein soll, stammt von der Insel Sansibar. Als islamischer Missionar kam er spätestens bei einem Aufenthalt in Pakistan mit Extremisten von al-Qaida in Kontakt und wurde dann mutmaßlich in Afghanistan militärisch ausgebildet. Unmittelbar vor den Anschlägen 1999 floh er laut Zeugenaussagen nach Pakistan, wo er untertauchte. Nach Informationen des britischen Observer soll er später noch in den Versuch al-Qaidas verwickelt gewesen sein, über Liberia afrikanische Diamanten zu schmuggeln.
Nach Angaben von pakistanischen Sicherheitskräften soll sich Ghailani jetzt erst wenige Wochen in Gujrat aufgehalten haben. Mit ihm verhaftet wurden 15 Personen, darunter Ghailanis usbekische Frau und ihre Kinder. Ihm auf die Spur war Pakistans Polizei gekommen, nachdem sie kürzlich einen Islamisten in der Pandschab-Region festgenommen hatte.
Unklar ist, welche Rolle die USA bei Ghailanis Festnahme spielten. Während Hayat diese als rein pakistanische Tat beschrieb, berichtete die Washington Post von enger Koordination mit CIA und FBI. Stoff für Verschwörungstheorien dürfte auch die lange Zeitspanne zwischen der Festnahme und ihrer Bekanntgabe liefern, die erst kurz vor der Rede des Bush-Herausforderers John F. Kerry auf dem Parteitag der Demokraten erfolgte. Merkwürdig ist zudem, dass das auf Ghailani von der US-Regierung ausgesetzte Kopfgeld laut CNN bis zu seiner Festnahme mit 25 Millionen Dollar angegeben wurde, seitdem aber nur mit 5 Millionen beziffert wird. Spielte er vielleicht doch keine Schlüsselrolle? SVEN HANSEN
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