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Archiv-Artikel

Kantiger Kunst-Dompteur

„Zwölf Jahre sind genug“: Direktor Zdenek Felix, der die Hamburger Deichtorhallen zum international renommierten Haus moderner Kunst machte, geht nach Berlin

Zdenek Felix: „In Hamburg wird derzeit vorrangig Eventkultur unterstützt. Aber das darf die Basisarbeit nicht behindern.“

Er ist kein aggressvier Kämpfer. Keiner, der seine Interessen unbeirrt über fremde stellt, keiner, der den Selbstzweifel scheut: „Wir haben angesichts der engen finanziellen Möglichkeiten das Optimum aus den Deichtorhallen gemacht“, sagt Direktor Zdenek Felix, der das renommierte Hamburger Haus zum 1. September verlässt.

Zwölf Jahre lang hat er auf 6.000 Quadratmetern – Nord- und Südhalle samt Vorplatz – moderne Kunst präsentiert. Ganz nebenbei hat sich Felix außerdem als geschickter Akquisiteur profiliert – was auch dringend nötig war angesichts der Tatsache, dass der Deichtorhallen-Etat seit zehn Jahren eingefroren ist.

Immer schwieriger wurde es deshalb, das geräumige Haus zu bespielen; massive Besuchereinbrüche seit der Eröffnung der benachbarten „Galerie der Gegenwart“ der Kunsthalle vor fünf Jahren schufen zusätzliche Probleme.

Doch Zdenek Felix ließ sich nicht entmutigen: Von Warhol über Kippenberger und Picabia bis zu West und Rhoades reichten seine Ausstellungen; wichtiges Anliegen war – neben der Mischung der Gattungen – stets die Konfrontation und Hinterfragung verschiedener künstlerischer Medien. Als mutig und kantig sind seine Präsentationen deshalb in die Feuilletons eingegangen; kontinuierlich hat Felix den Deichtorhallen internationales Renommee verschafft.

Schmerzlich musste es ihn da treffen, dass vom 1. Januar 2004 an – dem Amtsantritt seines Nachfolgers Robert Fleck – die Deichtorhallen nicht mehr als Ensemble bespielt werden können: Zum Internationalen Haus der Photographie, so hat es die Kultursenatorin beschlossen, soll dann die Südhalle werden, der der ehemalige Modefotograf F. C. Gundlach seine riesige Sammlung vermacht.

Die Nordhallen-Ausstellungen müssen künftig in enger Absprache mit Gundlach geplant werden. „Die Frage ist, ob die jetzige finanzielle Ausstattung reicht, um die Arbeit im bisherigen Umfang fortzuführen“, sagt Felix diplomatisch.

Dass ein so großes Haus ohne eigene Sammlung heutzutage zu kostspielig sei, findet Felix jedenfalls nicht: „Hier können umfangreiche Ausstellungen stattfinden, die in den kleineren Häusern gar nicht durchführbar sind“, sagt er. „Außerdem gibt es in der Bundesrepublik ohnehin nur wenige so große Ausstellungshäuser – neben den Deichtorhallen die Frankfurter Schirn, das Münchner Haus der Kunst und den Hamburger Bahnhof in Berlin – das sollte man sich schon leisten können.“

Und wenn er auch ungern lamentiert, fragt er sich doch, „ob ich nicht von Vornherein mehr finanziellen Spielraum hätte aushandeln sollen. Ich frage mich, ob ich das mit dem nötigen Nachdruck betrieben habe. Vielleicht ist es mir nicht sehr gut gelungen, den Politikern klarzumachen, dass die Deichtorhallen für diese Stadt wichtig sind.“ Insbesondere der Kultursenatorin Dana Horáková: „In Hamburg wird derzeit vorrangig Eventkultur unterstützt. Aber das darf die Basisarbeit nicht behindern. Ateliers, Stipendien und Ausstellungen junger Künstler müssen gefördert werden. Wenn man das abstellt oder vernachlässigt, bedeutet das einen großen Verlust der kulturellen Qualität einer Stadt“, sagt er und bezieht sich auf immer wiederkehrende Versuche Horákovás, an alternativen Projekten und Künstlerstipendien zu sparen. „Wenn man den Nachwuchs heute nicht fördert, hat man irgendwann auch keine Events mehr“, sagt er lakonisch.

In Hamburg weitergemacht hätte Zdenek Felix übrigens auch unter einem sozialdemokratischen Senat nicht: „Zwölf Jahre sind genug. Und ich freue mich, künftig als freier Autor und Kurator arbeiten zu können. In Berlin und anderswo.“

PETRA SCHELLEN