Wochenübersicht: Bühne
: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Fried-Lesung, Willy-Brandt-Haus, Mi., 10. 9.

„Die Frau vom Meer“, DT, 5.–6. 9.

Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit: plötzlich klingen Brechts klassenkämpferische Thesen wieder wie neu und bescheren Berlins Bühnen ein Brecht-Revival. Schon in der letzten Spielzeit konnten wir im BE der Kommunistenmutter Wlassowa beim Kommunismuserklären zuhören und die olle Courage unter Peter Zadeks Anleitung in Gestalt der schönen Angela Winkler wiederauferstehen sehen. Nun geht die Befreiung des armen BB aus dem Theatermuseum in die nächste Runde. Und zwar mit der Heilsarmistin Johanna Dark, die in Chicago gegen den skrupellosen Fleischkönig Pierpont Mauler den Terror predigt. Mit „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ wird Claus Peymann am Freitag die Spielzeit am BE eröffnen. In der nächsten Woche präsentiert die Schaubühne Brechts Drama „Im Dickicht der Städte“, das der polnische Regisseur Grzegorz Jarzyna inszeniert. Wem die Wiederkehr der politischen Parole auf der Bühne irritiert, kann am gleichen Abend aber auch eine außergewöhnliche Veranstaltung im Willy-Brandt-Haus besuchen, die dennoch subtil Brechts Diktum vom Volk, das nicht tümlich ist, belegt: Marlies Jensen wird ihre plattdeutsche Übersetzung der Gedichte Erich Frieds vorstellen: „Mit den Holthamer op dat sööte Geheemnis“. Geheimnisse hat auch Elida, die Gattin des Badearztes Wrangel. Kein Wunder, schließlich ist sie „Die Frau vom Meer“ und der arme Wrangel muss die Erfahrung machen, dass, wer eine Meerjungfrau an Land zieht und sie dem Terror des bürgerlichen Lebens aussetzt, schnell eine Hysterikerin am Hals hat. Susan Sontag hat Ibsens Jahrhundertwendedrama auf den neuesten feministischen Stand gebracht. Die Premiere von Monika Güntersdorfers Inszenierung fand im Rahmen der Salzburger Festspiele statt. Ab Freitag ist sie im Deutschen Theater zu sehen.

„Im Dickicht der Städte“, Schaubühne, Mi., 10. 9.

„Die heilige Johanna der Schlachthöfe“, BE, ab 5. 9.