Papier für Länderneugliederung

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts greift in die Föderalismus-Diskussion ein. „Jedes Land muss aus sich selbst heraus lebensfähig sein“, sagt der Ober-Jurist

Hamburg taz/ap ■ Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat im Zusammenhang mit der Föderalismusreform-Debatte für eine Neugliederung der derzeit noch 16 deutschen Bundesländer plädiert. Dafür müsse das Grundgesetz geändert werden, so der Ober-Jurist gegenüber dem in Düsseldorf erscheinenden Handelsblatt. „Vorstellbar wäre dann eine Volksabstimmung des gesamten Bundesvolkes“, sagte Papier.

Ohne eine Länder-Neugliederung ist nach Ansicht Papiers jede grundsätzliche Reform des Föderalismus zum Scheitern verurteilt. Die Neugliederung des Bundesgebiets müsse darauf hinauslaufen, dass jedes Land „erst einmal aus sich heraus lebensfähig“ wäre. Sonst werde man angesichts der völlig verschiedenen Bevölkerungszahlen und der unterschiedlichen Finanzkraft der jeweiligen Länder auf einen nivellierenden Finanzausgleich nie verzichten können. So habe etwa Baden-Württemberg wegen der im Grundgesetz geforderten Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im vorigen Jahr 2,2 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich eingezahlt, während Berlin 2,6 Milliarden Euro daraus erhalten habe.

Ohne eine Neugliederung des Bundesgebiets und der damit verbundenen Möglichkeit, den Föderalismus zu entflechten, drohe der Staat manövrierunfähig zu werden und seine Reformfähigkeit zu verlieren, sagte der Gerichtspräsident. Im heutigen Föderalismus hätten alle über alles zu entscheiden, alle seien verantwortlich und damit niemand. Zusätzlich kompliziert werde die Situation durch die rot-grüne Mehrheit im Bundestag, der ein unionsdominierter Bundesrat entgegenstehe.

Um die Reformfähigkeit Deutschlands zu verbessern, müssten die staatlichen Zuständigkeiten wieder klarer abgegrenzt werden, forderte Papier: „Der Anteil der Gesetze, denen der Bundesrat zustimmen muss, muss zurückgefahren werden.“ Im Gegenzug müssten die Länder wieder mit größerer gesetzgeberischer Eigenständigkeit ausgestattet werden. jox