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Archiv-Artikel

Solche Vorschläge sind illoyal

betr.: „Wenn die Staaten verschwinden“ (Brauchen wir einen neuen Kolonialismus?), taz vom 30. 8. 03

Ich bin mit der Analyse von Ulrich Menzel zum Teil einverstanden. Ja, die Entwicklungszusammenarbeit, wie sie seit fast drei Dekaden praktiziert wird, trägt zur jetzigen afrikanischen Tragödie (Bürgerkriege, Genozide usw.) zum Teil bei. Die heutige Entwicklungspolitik ist nicht nachhaltig, nicht realitätsbezogen, imperialistisch, korrupt, diktatorisch. Sie heißt zwar Entwicklungszusammenarbeit, aber eine Zusammenarbeit gibt es nicht. Alles wird je nach Interesse des Geldgebers diktiert und finanziert. […] Sie trägt eindeutig zu Ungerechtigkeit, Unruhen, Konflikten und Bürgerkriegen bei. Angesichts dieser negativen Bilanz und Erfolglosigkeit werden Stimmen, die eine neue Kolonialisierung Afrikas als heutige einzige Lösungsmöglichkeit propagieren, immer lauter. Sie schlagen so genannte Failed States, also liberale Protektorate mit UNO-Mandat vor.

Dies ist eine Bestätigung, dass diese Menschen zwar die jetzige Situation richtig analysiert haben, aber die gleichen Fehler machen wie die Akteure der gescheiterten Entwicklungszusammenarbeit. […] Solche Vorschläge sind illoyal gegenüber allen Menschen in diesen Ländern, die von Menschenrechten und Demokratie überzeugt sind und diese Werte als Voraussetzungen für eine gerechte Gesellschaft ansehen. Diese Menschen brauchen weltweite Unterstützung und keinen Kolonialismus. Würden wir alle daran arbeiten, dass die Deklaration der Menschenrechte und das Recht auf Entwicklung in diesen Ländern umgesetzt werden, würde sich die Lage stabilisieren und verbessern. Das Vertrauen dieser Menschen gegenüber jeder westlichen Regierung – sei es von links, von rechts oder von der Mitte – ist so gesunken, dass jedes Vertrauen in eine nachhaltige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit diesen Regierungen verloren gegangen ist. Jede dieser Regierungen steht für Demokratie und Menschenrechte, aber wenn es um die eigenen Interessen geht, handeln sie mit ihren afrikanischen Verbündeten korrupt, diktatorisch, imperialistisch und menschenfeindlich. […]

Eine neue Kolonialisierung Afrikas würde nur Konflikte verursachen und züchten. Jede imperialistische Präsenz wird nicht geduldet. Heute schon gelingt es nicht immer, humanitäre Einsätze erfolgreich zu planen und zu koordinieren, ohne von Einheimischen, die dies mit anderen Augen sehen, angegriffen zu werden. Die beste Hilfe für Afrika besteht unter anderem in einem Ende der Finanzierung von korrupten und diktatorischen Pseudostaaten durch westliche Regierungen. Wir brauchen keine neuen Kolonien. Die ganze Welt wird schon vom Diktat des Marktes kolonialisiert. OSCAR KAMGA WAMBO, Berlin

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