Ganz entspannt im Bayernland

Hertha BSC Berlin holt beim Titelfavoriten Bayern München ein überraschendes 1:1-Unentschieden. Trainer Falko Götz lobt die leidenschaftliche Abwehr. Und Manager Uli Hoeneß weiß auch, woran es lag: das Team habe endlich mal keine Fehler gemacht

AUS MÜNCHEN THOMAS BECKER

Es braucht nicht viel, um Niko Kovac aus der Facon zu bringen. Ganz entspannt und reichlich zufrieden mit dem Geleisteten hatte der 32-Jährige zuvor sehr viele, zuweilen sehr absehbare Reporterfragen („Ist dieses 1:1 beim FC Bayern jetzt eine Genugtuung für Sie?“) beantwortet, das alles gut gelaunt und an wohl bekanntem Platz in den Katakomben des Münchner Olympiastadions – schließlich hat Kovac auch ein paar Jahre lang das Bayern-Trikot getragen. Doch als dieser Typ ihn von hinten im Vorbeigehen anmacht, ist es vorbei mit der guten Kinderstube: „Ey, halt deine Fresse“, hatte der Provokateur im Bayern-Dress lauthals in das Kovac-Interview hineingeplärrt und auch noch unverschämt dazu gegrinst. Kovac warf den Kopf nach hinten, erkannte den Übeltäter und gab mindestens ebenso lauthals zurück: „Halt's Maul, du Schläger!“

So entspannt hat man Herthaner nach einem Bundesliga-Gastspiel im Münchner Olympiastadion selten erlebt: Kovac albert vor der versammelten Presse mit seinem alten Bayern-Spezl Hasan Salihamidzic, Hertha-Trainer Falko Götz grinst ausdauernd bei seinem ersten Auftritt in München nach dem hochnotpeinlichen Abtritt bem TSV 1860 München, und Manager Dieter Hoeneß spricht nicht ohne Stolz in die Kameras: „Heute war es sicherlich nicht einfach gegen uns.“ 1:1 beim erklärten Titelfavoriten – damit hatte nach dem mageren 2:2 zum Auftakt gegen Bochum nun wirklich niemand gerechnet. Von 21 Bundesligapartien gegen Bayern gewannen die Berliner nur zwei, der letzte Sieg datiert aus dem Jahr 1977.

Und doch hätte sich beim Meister in spe niemand beschweren dürfen, wäre die Hertha als Sieger nach Hause gefahren. Die Defensivabteilung der Münchner wankte in der ersten Viertelstunde derart, dass Wichniarek, Marcelinho, Bobic und noch mal Marcelinho für die forschen Berliner durchaus mehr als nur ein Törchen hätten machen können. Dass die Bayern in Halbzeit zwei zu nicht mehr als einem Makaay-Treffer kurz nach der Pause kamen, muss und darf als Erfolg gebucht werden.

Denn dass dieser FC Bayern noch nicht am Ende, sondern erst ganz am Anfang seiner Möglichkeiten steht, war auch Niko Kovac klar: „Da wird es noch ganz andere Teams geben, die hier in München keinen Punkt holen. Und mit ein bisschen Glück hätten wir auch drei Punkte mitnehmen können – wir hatten die besseren Chancen.“ Falko Götz sagte: „Wir sind nach München gefahren und wollten uns nicht verstecken. Wir wollten die Bayern schon im Spielaufbau stören, was uns in der ersten Halbzeit auch sehr gut geglückt ist. Wir wurden für unsere leidenschaftliche Leistung in der Abwehr belohnt.“

Ins gleiche Horn stieß ein sichtlich entspannter Dieter Hoeneß: „Wir haben gut gestaffelt gestanden, haben den Bayern nicht viel zugelassen und wenig eigene Fehler gemacht – wie sonst immer hier.“ Reifer sei man von der Spielanlage her geworden, und das obwohl Bastürk und Reina verletzungsbedingt noch gar nicht dabei sind. „Dann kann man auch mal den ein oder anderen Konter fahren“, so der Hertha-Manager. Muss Bruder Uli also froh sein, dass er noch ein Pünktchen behalten durfte?

Na ja, in Durchgang zwei hätten es die Bayern ja doch noch fast geschafft: In der 89. Minute köpfelte Makaay nach perfekter Flanke von Dauerrenner Salihamidzic knapp daneben. Wäre auch zu viel des Bayern-Dusels gewesen, so gleich zu Beginn der Saison. An dieses Gefühl müssen sich die Betrachter und übrige Beteiligte erst allmählich wieder gewöhnen.