: Leichter abschieben
In Spanien hat sich eine große Koalition auf eine erneute Verschärfung des Ausländergesetzes geeinigt. Drei-Monats-Visa nach Arbeitskräftebedarf
aus Madrid REINER WANDLER
Spaniens Regierung reformiert erneut das Ausländergesetz. Das kündigte gestern die konservative Regierungspartei Partido Popular nach dreimonatigen Verhandlungen mit der größten Oppositionskraft, der sozialistischen PSOE, an. Das neue Paragrafenwerk wird von beiden Fraktionen gemeinsam im Parlament verabschiedet werden. Die beiden großen Parteien hoffen mit den Veränderungen der wachsenden Zahl der Einwanderer ohne Papiere Herr zu werden. Das Ausländergesetz wird damit zum dritten Mal in nur drei Jahren umgeschrieben.
Künftig soll ein dreimonatiges Visum eingeführt werden. Dieses bewilligen die spanischen Botschaften je nach Bedarf des heimischen Arbeitsmarktes. Mit dieser Einreisegenehmigung kann der Immigrant dann auf Jobsuche gehen. Findet er in den drei Monaten keine Arbeit, muss er ausreisen. Tut er das nicht, drohen ihm Abschiebung und zweijährige Einreisesperre.
Außerdem sollen die Sicherheitsbehörden und das Innenministerium künftig leichter auf die Daten der Einwohnermeldeämter zugreifen können. Dort lassen sich oft auch Immigranten eintragen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung im Land leben. Denn damit haben sie Anspruch auf kostenlose Gesundheitsversorgung und auf Einschulung ihrer Kinder. Die bisher gültige Bestimmung, dass, wer mindestens fünf Jahre im Land lebt, Anspruch auf eine befristete Aufenthaltsgenehmigung erwirbt, wird ersatzlos gestrichen. Stattdessen wird das Verfahren zur Abschiebung erneut erleichtert.
Außerdem werden künftig die Fluggesellschaften dazu verpflichtet, ihre Passagierlisten vor der Ankunft der Polizei zukommen zu lassen. Viele der ohne Papiere im Land lebenden Immigranten – vor allem aus Lateinamerika – reisen als Touristen ein und verbleiben im Land.
Einer Million Menschen leben laut Schätzungen illegal in Spanien. Allein in der Region Madrid sind es mindestens 600.000. Dies ergibt sich aus der Differenz zwischen den Immigranten, die in der Region um die Hauptstadt eine Aufenthaltsgenehmigung haben, und denen, die bei Einwohnerämtern gemeldet sind. Immigranten- und Nichtregierungsorganisationen kritisieren die neue Reform. Sie fürchten, dass Einwanderer mit einem Drei-Monats-Visum unter Zeitdruck künftig zu schlechteren Bedingungen Arbeit annehmen. „Die Reform schließt die wenigen legalen Türen der Einwanderung. Das fördert die Schlepperbanden“, so SOS Rassismus.