Wowereit kann Treppen steigen

Der Regierende besichtigt die 45.000. sanierte Plattenwohnung. Dummerweise ist der Lift kaputt. Dafür lobt er das Concierge-Konzept. Das wird den Mietern zu teuer

Mit fast olympischem Einsatz brach der Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eine Lanze für die „Platte“. Zur Jubelfeier auf die 45.000. sanierte Plattenbauwohnung war er eigens mit Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ins ferne Lichtenberg angereist – in den 14. Stock der Frankfurter Allee 147. Doch weil auch in einer sanierten Platte nicht immer alles so ist, wie es sich die Bewohner wünschen, durfte der Regierende gleich ein bisschen Realität schnuppern: Der Fahrstuhl war kaputt. Die Politiker mussten Treppen steigen. Oben war Wowereit dennoch voll des Lobes: „Die Sanierung ist beispielhaft. In der Platte gibt es eine gute Kiezbindung, es ist oft richtig, zu sanieren und nicht abzureißen.“

Noch richtiger wäre es vielleicht, den Aufzug fit zu halten. Aber die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge hat ja so schon genug zu tun. Ihr Geschäftsführer Hans-Jürgen Adam hatte auf einer Tour durch Plattenbauviertel in Hohenschönhausen, Karlshorst und Lichtenberg einen Eindruck von der Dimension der oft aufwendigen Sanierung vermittelt. Junge-Reyer sagte beim Anblick der vielen gepflegt und hübsch wirkenden Fassaden: „Der Mut zu Investitionen in die Platte lohnt sich für die Mieter.“ Nach Angaben der Howoge geht das Konzept der relativ teuren und weit reichenden Sanierung „von der Bodenplatte bis zum Dach“ gut auf. Der Leerstand betrage 3,1 Prozent, der Mietrückstand 3 Millionen Euro. Das seien nur 1,75 Prozent und für Berliner Verhältnisse „lächerlich wenig“.

Besonders angetan zeigten sich die Politiker von den fast wie im Hotel organisierten Concierge-Empfängen der Eingangsbereiche von Hochhäusern. „Es ist klar, dass dies der Verwahrlosung vorbeugt“, sagte Wowereit. Eine Sprecherin der Howoge ergänzte, dass in einigen Häusern „der Vandalismus gegen null strebt“. Für das Unternehmen, das 48.000 Wohnungen mit mehr als 100.000 Mietern betreut, sind neben den 36 Concierge-Mitarbeitern 115 Hausmeister im Einsatz.

Doch kaum lobt der aufsteigende Regierende mal ein Projekt, schon gibt es darum Ärger. Für die Concierges sollen die Mieter nämlich künftig 12 statt 4 Euro pro Monat zahlen, da Zuschüsse des Arbeitsamts wegfallen. Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, protestierte gestern gegen diese Verdreifachung der Kosten. Die Mieter hätten bei der Einführung der Concierges im Jahr 2001 mehrheitlich ihre Zustimmung gegeben. Allerdings nur auf Grundlage der bisherigen Kosten. Daran sei der Vermieter gebunden, so Vetter.

DPA, TAZ