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Archiv-Artikel

oecd-lehrerstudie Ein Beruf wie jeder andere

Es ist erstaunlich. Seit Jahren schon debattiert das Land die deutsche Bildungsmisere, streitet über Schulformen und Abschlussprüfungen, führt ideologische Kämpfe um Gesamtschule und Zentralabitur. Nur von den Menschen, die diesen Wandel vollziehen sollen, ist erstaunlich selten die Rede: von den Schülern, von den Eltern, vor allem aber – von den Lehrern.

KOMMENTAR VON RALPH BOLLMANN

Auch hier sind es wieder die OECD-Bildungsforscher, die der hiesigen Bildungspolitik Nachhilfe erteilen. Jetzt endlich haben sie sich mit den Lehrern beschäftigt. Dabei kam zwar nur heraus, was längst schon jeder weiß: Deutschlands Lehrer sind im Schnitt zu alt, falsch ausgebildet und schlecht organisiert. Dass die Forscher diese Probleme aber endlich ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, das allein ist schon verdienstvoll genug.

Die Rezepte für eine Professionalisierung des Lehrerberufs sind unter Experten kaum noch umstritten, erste Schritte haben die Stadtstaaten Bremen und Hamburg bereits gemacht. Der Kernpunkt wäre eine geregelte Wochenarbeitszeit, die sich an der Arbeitszeit anderer Berufsgruppen im öffentlichen Dienst orientiert – mit Anwesenheitspflicht in der Schule und sechswöchigem Urlaubsanspruch.

Dann müssten die Lehrer ihren Unterricht nicht mehr als Einzelkämpfer vorbereiten, sie könnten sich im Lehrerzimmer mit Kollegen austauschen. Sie wären für die Schüler jederzeit ansprechbar, die künftig ja ebenfalls ganztags in der Schule bleiben sollen. Die nötigen Arbeitsmöglichkeiten für das Personal ließen sich angesichts sinkender Schülerzahlen in leer stehenden Räumen durchaus schaffen.

Als Nebeneffekt wären die Lehrer endlich den leidigen Vorwurf los, sie hätten den „bestbezahlten Halbtagsjob der Republik“. Auch die Probleme, die sich aus der häuslichen Vermischung von Arbeit und Privatleben ergeben, wären mit einem Schlag gelöst. Kurzum: „Lehrer“ wäre kein Schimpfwort mehr, sondern endlich ein ganz normaler Beruf.

Vor allem aber könnte Schule endlich wieder Spaß machen, wenn Schüler und Lehrer nicht mehr gebannt auf das Läuten der Schulklingel warten, um das verhasste Gebäude fluchtartig zu verlassen. Gute Laune ist offenbar das, was an Deutschlands Schulen am meisten fehlt. Das haben auch die Bildungsforscher gemerkt. Deshalb haben sie erstmals nicht mehr nur getadelt, sondern auch gelobt. Das deutsche Bildungssystem ist nicht nur schlecht, schreiben sie, es ist auch reformbereit. Hoffentlich.