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Archiv-Artikel

Zweifel an Guttenbergs „Herzensthema“

Der neue CSU-Wirtschaftminister bekennt sich zum Kampf gegen den Klimawandel. Doch dabei setzt er vor allem auf die umstrittene unterirdische CO2-Speicherung. Über das dazu geplante Gesetz streitet die Regierung bis zuletzt

MINISTER PRO ATOMKRAFT

Wirtschaftsminister Guttenberg hat sich am Dienstag für längere AKW-Laufzeiten ausgesprochen. Das sei „ein großer Beitrag“ zum Klimaschutz. Er beruft sich auf eine Klimastudie, die der Bundesverband der Deutschen Industrie von McKinsey machen ließ. Demnach kann Deutschland seine Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent senken, wenn der Atomausstieg rückgängig gemacht wird. Ansonsten seien 30 Prozent erreichbar. HG

BERLIN taz ■ Seit Februar ist er im Amt, am Dienstag äußerte sich CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erstmals zu der Frage, wie er sich den Kampf gegen den Klimawandel vorstellt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie lud ein zur Veranstaltung: Klimaschutz in der Rezession – jetzt nicht mehr oder jetzt erst recht? Guttenbergs Antwort: „Für mich ist Klimaschutz ein Herzensthema.“ Ökologie und Ökonomie seien nicht gegeneinander auszuspielen.

Umweltschützer trauen Guttenberg nicht. Karsten Smid, Klimaexperte bei Greenpeace, sagt, derzeit würden „zig Milliarden für alte statt für zukunftsweisende Technik“ ausgegeben. Das sieht Guttenberg anders: „Wir als Bundesregierung bringen neue Technologien auf den Weg.“ Sein Beispiel: die unterirdische Verklappung von Kohlendioxid. Energiekonzerne wollen das Treibhausgas, das bei der Verbrennung von Kohle entsteht, einfangen und in der Erde versenken. Experten sprechen von Carbon Capture and Storage, kurz CCS. Das sei „eine der spannendsten Ideen“, findet der Bundeswirtschaftsminister. Umweltschützer Smid indes meint, CCS komme „zu spät und zu teuer“. Unter dem Vorwand, Kohlendioxid lasse sich irgendwann einfangen, bauten die Energiekonzerne weiter Kohlekraftwerke, statt auf Ökoenergie umzusteigen. Tatsächlich setzt die Industrie große Hoffnung auf CCS, ausgereift ist die Technik nicht.

Vattenfall will in Brandenburg eine Demonstrationsanlage bauen, eine Milliardeninvestition. Allerdings drohte das Unternehmen in dieser Woche via Financial Times Deutschland, das Projekt zu stoppen. Der Grund: Ein „Gesetz zur Regelung von Abscheidung, Transport und Ablagerung von Kohlendioxid“ steckt in der Ressortabstimmung fest. Die Mitarbeiter Guttenbergs streiten sich mit Kollegen aus dem SPD-geführten Umweltministerium über Formulierungen. Guttenberg will, dass der Staat 20 Jahre nachdem ein Konzern seinen CO2-Speicher geschlossen hat, die Verantwortung übernimmt. Gabriel findet, dass der Staat erst nach 100 Jahren die Haftung übernehmen sollte.

Die Verabschiedung des Gesetzes im Kabinett wurde schon einmal verschoben. Heute steht es eigentlich wieder auf der Tagesordnung. Doch am Dienstag verhandelten noch immer die Staatssekretäre. „Das kann bis in die Nacht gehen“, so eine Beobachterin. Guttenberg machte seine Vorgabe am Dienstag noch mal klar: CCS müsse „für die Industrie machbar“ bleiben.

HANNA GERSMANN