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Archiv-Artikel

ausgehen und rumstehen Ausruhen und hinsetzen: Mit dem Ocean Club und Duran Duran zog Ruhe ins Nachtleben ein

Draußen ist mal wieder Herbst – und auch beim Ausgehen deutet sich die Wiederholung des immer Gleichen an. So feierte am Freitag Gudrun Guts Projekt Ocean Club den zehnten Geburtstag und hatte sich als Gäste die üblichen Verdächtigen geladen: Thomas Fehlmann und Miss Kitten, den Modernist und ein paar mehr – damit die Menschen auch tanzen. Und dann noch März, die auf eine recht sympathische Art versuchen, den Diskurs mit Schwelgerei zu versöhnen – das Ergebnis war kürzlich öfter schon mal in der Bahlsen-Werbung zu hören.

Eigentlich logisch, dass eine solche Veranstaltung in der Volksbühne stattfindet. So war man auch schon beinahe aufgebrochen, als jemand anrief und korrigierte. Also gut, dann eben doch mal wieder in die Maria. Der erste Eindruck dort: Ein bisschen dramaturgischer Gestaltungswille hätte dem Abend gut getan.

Wieso spielen denn jetzt schon März? Die lassen die Menschen sich doch in sich selbst verwickeln und einer Clubnacht abträgliche Gedanken aufkommen: „Am besten, ich geh jetzt nach Hause. Dann bin ich morgen ausgeschlafen und setze mir den Discman mit März drin auf die Ohren und mache einen Herbstspaziergang.“ Die Ansagen von Ekkehard Ehlers, dem, der mehr lächelt als der andere im Duo, sind unverständlich. Von einem Stück erfahren wir, dass es eine „Hommage an Naturvölker“ sein soll, der Rest der rätselhaften Worte geht unter. Die Begleitung sagt über Ehlers: „Das ist doch bestimmt einer dieser jungen Väter.“ Keine Ahnung, wie er darauf kommt – aber Recht hat er trotzdem. Irgendwie erschöpfend, das Ganze. Also erst mal ausruhen und hinsetzen.

Zum Glück gibt es ja in der Maria einen ganzen Raum nur zu diesem Zweck. Den Couchnachbarn fragen wir nach einer Zigarette. Der zeigt eine – im Zeitalter von 4 Euro pro Schachtel – ungewöhnliche Reaktion. Erleichtert wie gönnerhaft sagt er: „Solange es nur das ist.“ Und dann schiebt er hinterher: „Das hier scheint wohl die Checker-Couch zu sein. Dauernd fragt jemand, ob ich was zu verkaufen habe.“ Lustigerweise werden wir in den nächsten anderthalb Stunden – die Rückkehr zur Party scheint nach kurzem Aufenthalt auf der Couch nicht mehr möglich – nicht gefragt, ob wir was zu verkaufen haben – nur, ob wir was wollen. Wollen wir nicht. Auch wenn wir bedürftig aussehen. Trotzdem ist es schön, so sinnlos die Checker-Couch zu blockieren.

Hoffentlich haben wir mit unserer Platzwahl das Sozialgefüge der Maria nicht beschädigt. Besagter Spaziergang am nächsten Morgen fällt zwar doch aus, aber immerhin reicht es zum Einkauf auf der Bergmannstraße. Dort spielt im ehemaligen Reichelt, jetzt Neu! Plattenladen, der aufstrebende Popstar Jens Friebe einen Instore-Gig – vor sehr wenigen Menschen. Prima, abgehakt, so darf man sich abends den Weg zum Mudd-Club sparen und stattdessen herbstlich und häuslich sein.

Eine andere Variante der Wiederholung des immer Gleichen gibt es am Sonntag beim Duran-Duran-Konzert. Streng genommen natürlich nicht, denn Duran Duran spielen zum ersten Mal seit ungefähr zwanzig Jahren in der Originalbesetzung.

Aber eigentlich ist es ja auch egal, wer auf der Bühne steht, der Spaß gehört sowieso dem Publikum. Türkische Jungs, die im Duran-Duran-Gründungsjahr vermutlich noch nicht geboren waren, stehen neben blondierten, toupierten Frauen, die ihre Duran-Duran-Fahne vom Polenmarkt schwenken. Alle singen mit. Schockierend, dass man das auch könnte, obwohl man nicht mal Fan war. All die sinnlosen Informationen, der sich im Laufe der Zeit in den Hirnwindungen fermentieren. All die blöden Hits, bei denen man mitsingen kann. STEPHANIE GRIMM