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Archiv-Artikel

Straße nur schwer zu umgehen

Nach 30 Jahren Planung kann die Ortsumfahrung Finkenwerder gebaut werden – letzter Obstbauer verkauft Grundstück an die Stadt. Landwirte stoppen Gerichtsverfahren gegen den Senat

VON MARCO CARINI

Da knallen die Sektkorken: Nach mehr als 30 Jahren Planungsstau kann die Ortsumgehung Finkenwerder gebaut werden. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat sich auch der Letzte von 35 betroffenen Obstbauern bereit erklärt, das Land, das für den Bau der Straße benötigt wird, an die Stadt zu verkaufen. Ein entsprechender notarieller Vertrag wurde am Freitag unterzeichnet.

Die Vertragsunterzeichnung, mit der der heutige CDU-Wirtschafts- und damalige Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko (CDU) bereits vor einem Jahr gerechnet hatte, war immer wieder verschoben worden. Nun aber kann der Senat bereits am Dienstag den Bau der lange umkämpften Ortsumgehung beschließen und anschließend die internationale Ausschreibung des Projekts auf den Weg bringen.

Michael Günther, der Anwalt der Finkenwerder Obstbauern, zeigte sich im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung erleichtert: „Finkenwerder kann aufatmen, die Verkehrsentlastung kommt“. Die Vereinbarung sei für die Landwirte „ein großer Erfolg“ und der „Abschluss eines unglaublich langwierigen Verfahrens“. Die Kehrseite der Medaille bleibe, dass „der Kulturraum Altes Land durch den Bau der Ortsumgehung und der geplanten Autobahntrasse stark belastet“ werde, räumte der Anwalt gegenüber der taz ein.

In der Tat hat Günther, ein Spezialist für Verwaltungsrecht, in den jahrelangen Verhandlungen mit der Stadt viel für seine Mandanten erreicht: Obstbauern, die ihre Ländereien nicht verkaufen, sondern eintauschen wollen, erhalten Ersatzflächen, die sechsmal größer sind, als die, die sie abgeben.

Dabei privatisiert Hamburg im Rahmen des Tauschgeschäfts zum ersten Mal seit 100 Jahren auch Grundstücke, die die Stadt als Vorratsflächen für zukünftige Erweiterungen des Hafengebietes gesammelt hatte. Die städtischen Kosten für den Grundstücksdeal sollen sich auf knapp 20 Millionen Euro belaufen. Außerdem sichert eine Gebietsvereinbarung die Zukunft des bäuerlichen Obstbaus im Alten Land: Ohne intensive Beteiligung der Landwirte kann hier in Zukunft von der Stadt nichts mehr geplant werden. „Das Alte Land wird durch diese Vereinbarung als Kulturlandschaft gestärkt“, sagt Günther.

Im Gegenzug stoppen die Landwirte vier laufende Gerichtsverfahren gegen die Ortsumgehung und die Erweiterung der Flugzeugfabrik von Airbus. Zwei von Naturschutzverbänden angestrengte Klagen aber bleiben von der Vereinbarung unberührt – sie werden weitergeführt werden.

Seit mehr als drei Jahrzehnten ist die Ortsumgehung Finkenwerder in Planung. Das Vorhaben ist eines der Projekte, die auf Drängen der CDU im vergangenen Jahr im schwarz-grünen Hamburger Koalitionsvertrag festgeschrieben worden sind.

Die Umgehungsstraße soll die Ortschaft, in der sich der Autoverkehr mit rund 30.000 Fahrzeuge pro Tag regelmäßig staut, nachhaltig entlasten. Nachdem der Bau der vierspurigen Entlastungsstraße an der Alten Süderelbe mehrere Male verschoben worden war, kann er nun voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen.