: Fischer schaut lieber auf der Sonnenseite
Die Afrikareise des Außenministers findet in der Heimat kaum Beachtung. Weiß wenigstens er selbst, was er dort will?
Wenn es über ein Ereignis nichts zu berichten gibt, gilt dies gewöhnlich als Zeichen dafür, dass alles zum Besten steht. In diesem Sinne sind die deutsch-afrikanischen Beziehungen offensichtlich glänzend. Die laufende Afrikareise von Bundesaußenminister Joschka Fischer ist außergewöhnlich unspektakulär und wird dementsprechend auch von der Öffentlichkeit überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
Mali, Namibia und Südafrika sind die Stationen der laufenden, knapp einwöchigen Fahrt, die vor allem zeigt, dass Afrikadiplomatie nicht immer nur aus Krisenbewältigung bestehen muss. Die drei Länder gelten in Afrika als Musterbeispiele innenpolitischer Stabilität und vollzogener demokratischer Erneuerung. Brennpunkte des afrikanischen Geschehens überlässt der Außenminister, der immerhin im November 2000 zum Höhepunkt des Kongokrieges die Kriegsbeteiligten Angola und Ruanda aufsuchte, heute anderen: Seine Staatsministerin Kerstin Müller flog in den Kongo, als dort im Mai der Friedensprozess zusammenzubrechen drohte. Und vor vier Wochen besorgte Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul die Ausweitung deutscher Unterstützung für den fragilen Reformprozess in Kenia unter dessen neu gewähltem Präsidenten Mwai Kibaki. Beide Länder stecken in äußerst schwierigen innenpolitischen Umwälzungen und gelten als Frontstaaten im Kampf gegen Staatszerfall und Terrorismus in den düsteren Krisengebieten Zentral- und Ostafrikas.
Fischer widmet sich jetzt der Sonnenseite des Kontinents. In Mali bedankte er sich für die im August gelungene friedliche Befreiung gekidnappter Touristen aus den Händen von Islamisten, die sich in der Wüste an der Grenze zu Algerien versteckt hatten. Sein Dankeschön sprach er am Montag in Gestalt von 20 gebrauchten Allradlastwagen der Bundeswehr aus. Auf die kurze Zwischenstation Namibia folgt ab heute Südafrika, Deutschlands wichtigster Partner auf dem Kontinent. Das Land begreift sich auch als künftige Großmacht für Konfliktregelung und Militärinterventionen auf dem afrikanischen Kontinent. So hat diese Länderauswahl durchaus einen interessanten sicherheitspolitischen Beigeschmack, was der Zusage auf dem letzten G-8-Gipfel entspricht, eigenständige afrikanische Eingreiftruppen und Friedensprozesse zu unterstützen.
Ob dies auch ein Hinweis auf Deutschlands zukünftige Afrikapolitik ist, deren Ausgestaltung seit den Debatten um eine Kongointervention im Frühsommer zumindest bei den Grünen heftig diskutiert wird? Fest steht: Länder, die möglicherweise auch mit militärischen Mitteln für mehr Stabilität in ihrer Region sorgen können, erhalten höherrangigen Besuch als solche, in denen Stabilität erst noch herzustellen ist. Mit diesen können sich Franzosen, Belgier und Briten herumschlagen. Die eigenen Hände will sich Deutschland in Afrika nicht schmutzig machen.
DOMINIC JOHNSON