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Bei Bayer stimmt die Chemie wieder

Der Leverkusener Konzern verkauft die Bereiche Chemie und Polymere und will sich stärker auf sein Pharma-Geschäft konzentrieren. Dadurch sollen 1.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Bayer-Aktie stieg gestern um mehr als 8 Prozent

von NICOLE MESSMER

Das Leverkusener Unternehmen Bayer will mit seiner Chemiesparte an die Börse gehen. Nach einer Sitzung des Aufsichtsrats gestern Mittag gab das Unternehmen bekannt, dass der Bereich Chemie und Teile des Polymergeschäfts ausgegliedert werden sollen. Das neue Unternehmen mit dem Namen „NewCo“ soll sich ausschließlich um die ausgelagerten Bereiche kümmern. Ein Börsengang wird für Anfang 2005 erwartet. Die neu entstehende Gesellschaft NewCo soll rund 20.000 Beschäftigte haben. Bayer rechnet mit einem Umsatz von rund 5,6 Milliarden Euro im Jahr.

Bayer hofft, in allen vier Bereichen des jetzigen Konzerns durch die Konzentration auf den Pharmasektor 1.000 Arbeitsplätze weniger abbauen zu müssen als ursprünglich vorgesehen. Besondere Wachstumschancen sieht der Vorstandsvorsitzende von Bayer, Werner Wenning, im Gesundheitssektor vor allem in den konsumnahen Bereichen Consumer Care und Diagnostika. Dazu gehören rezeptfreie Pillen wie das Standardmittel gegen Kopfweh, Aspirin.

Ein Industrieberater sagte der Agentur Reuters, dass Pläne zur Ablösung des Chemiebereichs schon seit längerem diskutiert worden seien. Es werde positive Auswirkungen für Bayer haben, die Säulenstruktur aufzulösen: Die einzelnen Geschäftsbereiche verfügten über unterschiedliche Kostenstrukturen und Profitabilität. Von der Abspaltung erhofft sich die Bayer AG den Erhalt der Chemie-Sparte, da NewCo als eigenständiges Unternehmen schneller und flexibler reagieren kann.

Seit Bekanntwerden der Gerüchte vollführt die Aktie an der Börse Freudentänze. Am Freitagmittag stieg sie zeitweise um mehr als 8 Prozent auf 22,8 Euro. Analysten zufolge kann Bayer mit dem Verkauf der umsatzschwachen Chemiesparte den angeschlagene Pharmabereich sanieren. Nachdem 2001 der Cholesterinsenker Lipobay vom Markt genommen werden musste, verzeichnete Bayer in diesem Geschäftssegment hohe Einbußen. Zudem läuft der Patentschutz für das umsatzstärkste Medikament, das Antibiotikum Cipro, Ende dieses Jahres aus. Dann muss sich Bayer gegen die billigere Generika-Konkurrenz behaupten. Bayer hatte geplant, einen Partner für den Pharmabereich zu finden. Indes – es fand sich keiner.

Die Chemiesparte von Bayer gilt in der Branche nur als kleiner Spieler. Im gesamten Kunststoff- und Chemiebereich ist der Umsatz in den vergangenen Monaten aufgrund der schwächelnden Konjunktur eingebrochen. Am Dienstag werden die Quartalsergebnisse bekannt gegeben. Analysten erwarten nach Berichten des Handelsblatts einen Umsatzrückgang von fast 10 Prozent auf 6,76 Milliarden Euro.

Neu ist die Idee der Neustrukturierung eines Unternehmens nicht: Anfang der Neunzigerjahre hatte der Hoechst-Konzern seine Chemiesparte abgestoßen, die heutige Celanese. Danach fusionierte Hoechst mit dem französischen Unternehmen Rhône-Poulenc zum Pharma- und Agrochemiekonzern Aventis.

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