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Archiv-Artikel

Garant gegen neue Feinde

Polens Elite sieht in Präsident Bush den entscheidenden Verbündeten

WARSCHAU taz ■ Die Polen wollten es genau wissen. Internationale Umfragen hatten schon gezeigt, dass unter den Europäern allein die Polen große Bush-Fans sind und ihn gern wieder als Präsidenten im Weißen Haus sehen würden. Die Rzeczpospolita, Polens große konservative Tageszeitung, gab eine eigene Umfrage in Auftrag. Stimmte das wirklich? Immerhin hatte Bush die Polen in den Irakkrieg gezogen, ihnen dann aber weder lukrative Aufträge zum Wiederaufbau des Irak zugeschanzt noch den Zugang zum irakischen Öl freigeschaltet. Ja, nicht einmal zu Visaerleichterungen für den engen Bündnispartner im Irakkrieg konnte sich Bush durchringen.

Dennoch: das Ergebnis der Rzeczpospolita-Umfrage ist noch eindeutiger als die internationalen Umfragen zuvor (siehe Grafik). Über 40 Prozent der Polen würden Bush wählen. Nur 31 Prozent hingegen den Demokraten John Kerry.

Etwas ratlos saßen die sonst so wortgewandten Kommentatoren in den Fernsehstudios und drucksten herum. Liegt Polen noch in Europa? Oder hat es sich politisch und mental aus seiner Geografie katapultiert? Laut Aleksander Smolar, dem Direktor der Soros-Stiftung in Warschau, entfernt sich Polen immer weiter von Europa. Doch damit steht der Politologe, der auch in Paris am Centre National de Recherche Scientifique lehrt, allein auf weiter Flur.

Die politische Elite Polens sieht in Bush den Garanten gegenüber den angeblich neuen Gegnern Polens – Deutschland und Frankreich. Mit Hilfe von Papst Johannes Paul II. und George W. Bush werde Polen sich den beiden größten Staaten in der EU entgegenstellen, die EU-Verfassung doch noch zum Scheitern bringen und die Homosexualität zur Sünde erklären. „Wir kennen Bush. Wir wissen, dass er sich den Erwartungen und Forderungen Deutschlands und Frankreichs klar widersetzen wird“, erklärt denn auch Zbigniew Lewicki, der Direktor des Amerikanistik-Lehrstuhls an der Warschauer Universität. Dass auch Wladimir Putin und die Mehrheit der Russen gerne wieder Bush im Weißen Haus sehen würden, wie eine Umfrage des britischen Guardian vor ein paar Tagen zeigte, nimmt man in Polen möglichst nicht zur Kenntnis. Denn mit Bush gegen Deutschland und Frankreich in der EU zu kämpfen scheint in Ordnung zu sein, mit Putin als Kampfgenossen wird es dann aber selbst den mutigsten EU-Gegnern in Polen etwas mulmig. GABRIELE LESSER