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Archiv-Artikel

Klänge zum Angucken

Musikclips aus Norddeutschland: Auf dem Festival „Synchron“ im Bremer Kulturzentrum Schlachthof wurden vergangenes Wochenende vier Videoregisseure ausgezeichnet

Eine junge Frau posiert nackt in schickem Schwarzweiß – Geräusche von Gegenständen, die in einen Abfluss fallen, werden zu einem Musikstück – niedliche Außerirdische greifen die Erde an – Bilder vom Wasser, Strand und Himmel werden zu einem poetischen Flickenteppich zusammengesetzt – eine melancholische Cartoonfigur fährt durch eine Stadtlandschaft aus gemalten Zeichen. So groß war die Bandbreite der auf dem Wettbewerb „Synchron“ ausgezeichneten Arbeiten, für den seit 1997 alle zwei Jahre junge Menschen (bis 27 Jahre) aus Niedersachsen, Bremen und den nördlichen Niederlanden Musikclips einreichen, unter denen dann eine Jury vier Preise vergibt und auch das Publikum seinen Favoriten auswählen kann.

In „klassisch, animiert und experimentell“ ordnete das Jurymitglied Michael Soltau (Professor für audiovisuelle Medien) die insgesamt 44 eingereichten Arbeiten ein, unterschlug dabei aber die großen Unterschiede in Form, Aufwand und Qualität. Davon konnte man sich jetzt im Bremer Kulturzentrum Schlachthof ein Bild machen.

Etwa die Hälfte der jungen Filmemacher hatte auch die Musik selbst gemacht, andere wurden von befreundeten Bands um die Clips gebeten. Bewertet aber wurden eher die Bilder als die Töne.

Die vom Konzept her interessantesten Clips des Wettbewerbs wurden leider nicht ausgezeichnet – wohl auch, weil der Regisseur Patryk Pochopien des Guten zu viel tat und gleich fünf einander sehr ähnliche Videos einreichte. Darauf ließ er Kinder selbst komponierte Allerwelts-Popsongs mit programmatischen Titeln wie „Heroes of tonight“ und „Never give up“ vor der Kamera vorführen. Da diese Kids aus der norddeutschen Tiefebene so vertraut sind mit den Bewegungen, Gesten und Attitüden internationaler Popstars und deren medialer Vermittlung, können sie beides souverän nachahmen. Das ist zugleich erhellend und komisch. Auch der betont dreckige, unfertige Stil von Aufnahme und Schnitt passt ideal dazu.

Aber die Clips der Sieger sehen dann doch besser aus. Der erste Preis ging an den Hannoveraner Sebastian Benjamin Riepe. Er lässt einen anrührend traurig blickenden Autofahrer durch die einsamen Straßen einer Stadt fahren. Die radikal auf Schrift und Grafik reduzierte Animation schafft eine eigenwillig poetische Stimmung, mit der die illustrierte Ballade der Gruppe „finn“ gleich viel besser klingt. Wilfried Hippen