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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der grüne Parteitag in Dresden wird sturzlangweilig werden – und das ist auch gut so. Bei der CDU brodelt es dagegen. Aber Angela Merkel arbeitet daran, beim CDU-Parteitag in Kohl’schem Stil alles unter der Decke zu halten

Von SR

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Leider – die Kracheridee, die Türkei mit EU-Entzug zu bestrafen, weil sie eh gerade gebombt wird. „Schäm dich, dass du terrorisiert wirst!“ – da hätten die Amis 11/9 auch lustig geguckt.

Was wird besser in dieser?

Eben das. Bosbach wird zurückrudern und die Union – siehe Schäuble – eine differenzierte Position dazu einnehmen.

Am nächsten Wochenende ist Bundesparteitag der Union. Wird da was passieren – oder geht alles nach Tagesordnung?

Jedenfalls wird es wohl keine der unter Kohl bekrittelten „Krönungsmessen“. Vielleicht lassen sich die Hohmänner noch was für den Parteitag einfallen. Das schrille Solo von Bosbach in der Türkei-Terror-Frage deutet in diese Richtung. In der CDU gibt es eine ganz knappe Mehrheit für einen großkoalitionären Kurs – die Merkel-Linie. Eine qualifizierte Minderheit um Roland Koch versucht, im Vermittlungsausschuss die Kröten für die SPD so groß zu machen, dass die Regierung sie nicht schlucken kann. Das ist die CDU-Doppelstrategie, dazu kommt noch Stoibers Linie. Alles leicht unübersichtlich. Angela Merkel ist aber auch Kohl gelehrigste Schülerin. Deshalb wird es am Ende wohl doch ein ganz überraschungsloser Parteitag.

Die Grünen treffen sich in Dresden zum Bundesparteitag und werden unter anderem Cem Özdemir zum EU-Parlamentskandidaten küren. Ist das EU-Parlament noch immer Rangierbahnhof für verdiente Kräfte, die im Moment gerade nicht gebraucht werden?

Vulgo: „Hast du noch ’n Opa, schick ihn nach Europa.“ Zeitweise haben wir ja auch – Biedenkopf, Milbradt, Fuchs, Vogel – „Haste noch ein’ über, musser rüber“ gespielt. Ja, was denn sonst ? Vielmehr kann man doch mal zu hoffen versuchen, dass Özdemir als Nicht-Opa und fast schon resozialisiertes Hunzinger-Opfer eine Trendwende markiert: Ein Parlament ist so interessant wie seine Insassen – und Özdemir hat die Zukunft eher noch vor sich.

Und was passiert, wenn Angelika Beer nicht als grüne EU-Kandidatin gewählt wird? Soll, wird sie dann als Vorsitzende gleich fliegen?

Tragisch. Hätte Frau Beer nicht die Vorzeigefunktion gehabt, als Hardcorepazifistin die Wende zum Menschenrechtsmilitarismus der Grünen vorzuturnen, wäre sie heute als geduldete Pazifistin – maximal – MdEP. So oder so.

Warum sind die grünen Parteitage eigentlich so langweilig geworden. Früher war da doch immer was los?

Nachdem die FDP mit lustigen Schuhsohlen, Balla-balla-Kandidaten à la Glücksrad und Mobbing mit Todesfolge den grünen Politikstil gecovert hat, ist ein sturzlangweiliger Parteitag doch eine erfrischende Alternative. Mich hat es damals sehr geärgert, dass alle über eine alberne Farbbeutelattacke und das Opfer Fischer redeten, während der Täter Fischer unbemerkt die Partei mit Entfärbungsmitteln tränkte.

Beim SPD-Parteitag gab es schon gedruckte Wahlzettel mit Sigmar Gabriel als SPD-Generalssekretär. Gabriel hält das für eine Intrige gegen sich. Zu Recht?

Auf den ersten Blick traut man Gabriel, der ja was präpotent Vordrängendes hat, das sofort zu. Aber es ist schwer zu erkennen, wer wie gegen wen intrigiert. Fragen wir: Cui bono? Die Wahlzettel nutzen Scholz und schaden Gabriel. Insofern ist Gabriel wohl wirklich unschuldig, auch wenn er jetzt unter die Räder kommt. Schade eigentlich, denn dass Scholz als Generalsekretär nicht viel taugt, weiß jeder, der ihn mal bei „Christiansen“ gesehen hat.

Schulte-Hillen ist bei Bertelsmann von Bord gegangen. Bedeutet das was?

Klar. Liz Mohn ritzt sich eine weitere Kerbe in den Colt, worüber wiederum Frank Schirrmacher einen Aufsehen oder jedenfalls ihn erregenden Besinnungsaufsatz schreibt.

Die Zeitungsverleger wollen nun, dass das Kartellamt erst ab 100 Millionen Euro Jahresumsatz bei Fusionen aktiv werden kann – bisher waren es 25 Millionen Euro. Schröder und Clement scheinen dem ganz gewogen zu sein. Warum, wenn es doch vermutlich eine Menge kleinerer Zeitungsfusionen ermöglichen wird?

Dass es überhaupt noch eine Umsatzgrenze geben soll, wird als Erfolg der kleineren Verlage gegen die großen Verbandsmitglieder gewertet. Nach Machiavelli können der Hellweger Anzeiger, das Spandauer Tageblatt und die Glocke in Oelde niemanden an die Macht schreiben. Soll man sich um ihretwillen mit WAZ, Bertelsmann, Holtzbrinck, Springer anlegen? Kaum schlug Bodo Hombach bei der WAZ auf, versuchte die, Kirchs Springer-Aktienpaket zu kaufen. So geht’s doch auch. (Den unfriendly takeover hat übrigens Friede Springer abgewehrt. Schirrmacher … fass!)

Und was macht Borussia Dortmund?

Wehtun. Kann man sich das operativ entfernen lassen? Austherapieren? FRAGEN: SR