grüne bildungspolitik : Mehr als eine bloße Vision
Kaum unterscheidbar. Ähnlich. Einheitsbrei. Viel gehört, immer wiederkehrend und oft berechtigt sind solche Klagen über die Programme politischer Parteien. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 allerdings wird es eine solche Einschätzung nicht geben können. Zumindest nicht beim zentralen Thema Bildung. Zu unterschiedlich sind die Entwürfe der Schule von morgen, die CDU und Grüne am Wochenende beschlossen haben.
KOMMENTARVON STEFAN ALBERTI
Zehnjährige Gemeinschaftsschule, bis zur 9. Klasse keine Noten und individuelle Förderung sind Kernpunkte des grünen Papiers. Was wie eine Vision daherkommt, hat keine schlechten Chancen, mittelfristig reale Politik zu werden. Denn die Gemeinschaftsschule bis zur 10. Klasse ist auch ein zentrales Anliegen der PDS. Die kann das derzeit bei ihrem Koalitionspartner SPD nicht durchsetzen. Das neue Schulgesetz sei doch gerade erst beschlossen, nun müsse man erst mal sehen, wie sich das bewährt, heißt es bei den Sozialdemokraten. Hinter dieser offiziellen Sprachregelung aber gibt es stellenweise durchaus Offenheit für ein längeres gemeinsames Lernen.
Zudem gilt dieser Zustand nur, solange eine dominierende SPD allein mit der PDS koaliert. Dafür aber reicht es nach derzeitigem Stand ab 2006 nicht mehr – in einer Umfrage Anfang November kam Rot-Rot zusammen nur auf 40 Prozent. Sie werden die Grünen brauchen, wenn sie weiter zusammen regieren wollen.
Dann aber gäbe es eine Koalition, in der zwei von drei Partnern sich ganz klar für eine Gemeinschaftsschule aussprechen und es beim dritten dafür zumindest Sympathien gibt. Binnen zwei Jahren würde so aus einer vermeintlich bloßen Vision der Grünen eine konkrete Festlegung im Koalitionsvertrag.