Erntedankfest der Steinkohle

Die RAG will bis zum Jahr 2015 Kokskohle zu Weltmarktpreisen produzieren und lässt sich auf der Jahresversammlung des Gesamtverbands Steinkohle von Ministerpräsident Peer Steinbrück feiern

AUS ESSEN KLAUS JANSEN

„Herr Steinbrück, sagen sie doch mal was zu den Journalisten“, sagt Herr Müller. Und Herr Steinbrück folgt prompt: „Kein subventionierter Bereich hat sich in den vergangenen Jahren prächtiger Entwickelt als die Steinkohle.“ Müller dankt, Steinbrück freut sich. Der Chef der RAG und der SPD-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen verstehen sich: „Die Ziele des Unternehmens und der Landesregierung sind nahezu identisch“, erklärt Werner Müller der versammelten Presse im Anschluss an die Jahrestagung des Gesamtverbands Steinkohle in Essen.

Die Kohleförderer des Ruhrgebiets spüren politischen Rückenwind, nicht nur von der NRW-SPD. Hohe Rohstoffpreise und die gestiegene Nachfrage, vor allem aus China, haben die zu subventionierende Kluft zwischen Produktionskosten und Weltmarktpreisen verringert. Bernd Tönjes, RAG-Vorstand und Chef der Deutschen Steinkohle AG (DSK), spricht sogar von einem „Paradigmenwechsel“ in der öffentlichen Wahrnehmung des Subventionsempfängers Kohle – und verweist auf eine von der DSK selbst in Auftrag gegebene Umfrage des Bochumer Instituts für Angewandte Kommunikationsforschung, nach der sich über 80 Prozent der Deutschen gegen eine Reduzierung der Kohleförderung aussprechen.

Genutzt werden soll die gefühlte Unterstützung, um ehrgeizige Projekte voranzubringen. RAG-Chef Müller wiederholt seinen Plan, im Bergwerk Ost bei Hamm einen neuen Zechenschacht zu eröffnen. „Penunzen von Steinbrück und Schröder wollen wir dafür nicht“, betont Müller – wohl aber politische Unterstützung. „Es wäre tragisch, wenn das Land jetzt von ihren Grundsätzen in der Kohlepolitik abrücken würde, wo die Zeit der Ernte beginnt“, so Müller. Dass die kommt, steht für den Konzernchef außer Frage: Bis zum Jahr 2015 will die RAG die Produktionskosten für die Tonne Kokskohle auf 200 Euro pro Tonne senken. „Wenn die Preise weiter konstant hoch bleiben, und davon gehen wir aus, können wir unter dem Weltmarktpreis produzieren“, sagt Müller.

Steinbrück teilt Müllers Optimismus: „Die Zeiten niedriger Preise sind erstmal passé“, sagt er. Deshalb sei es auch richtig, dass die RAG ihre Zechen erweitern wolle. „Wenn zu Weltmarktpreisen produziert werden kann, ist ja auch die Frage nach Subventionen obsolet“, so die einfache Rechnung des Ministerpräsidenten. Seine Landesregierung stehe jedenfalls als Moderator bereit – und als Werbeträger wohl auch. „Ich habe kein Problem damit, wenn die politische Konkurrenz aus der Kohleförderung ein Wahlkampfthema macht“, sagt Steinbrück. Er werde die Steinkohle verteidigen, auch über 2012 hinaus, wenn die Verträge über die Subventionierung auslaufen. Und weil Steinbrück so freundlich und artig ist, bedankt sich auch Werner Müller mit einem Kompliment: „Ich bin mir sicher, dass Sie dann noch im Amt sind“.