Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Unspektakulär geht es zu in den Dokumentarfilmen von Volker Koepp. Landschaften und Menschen stehen im Mittelpunkt; die Filme handeln von Vergangenheit und Gegenwart und von einem Heimatgefühl, das nicht „volkstümelt“, weil Koepp seine Kamera gern an den Schnittstellen verschiedener Volksgruppen und Kulturen aufstellt. Im Jahr 2000 begab er sich auf die Kurische Nehrung, den rund hundert Kilometer langen, aber nur wenige Kilometer breiten Landstreifen, der das Memeldelta von der Ostsee trennt. Der Süden dieser Dünenlandschaft war früher ein von Deutschen bewohnter Teil Ostpreußens und gehört heute zu Russland, der nördliche Teil ist litauisches Staatsgebiet. Da berichtet Renate, die deutschstämmige litauische Rentnerin, aus ihrer Jugend, ein russischer Filmvorführer bereitet sein Essen zu und erzählt von seinen Hoffnungen für die Zukunft, und die Mitarbeiter einer Vogelschutzwarte beringen tausende von Vögeln. Koepp nähert sich den Menschen mit der gewohnten Vorsicht an: Zunächst behält die Kamera von Thomas Plenert eine Distanz bei, so als wolle man den Leuten nicht zu nahe treten, später setzt schon auch mal eine gewisse Vertrautheit zwischen den Protagonisten und der Filmcrew ein. Daneben entfalten sich die großartigen Panoramen dieser von Wind und Wasser geprägten Landschaft. Auf Koepps Feststellung, es sei doch sehr seltsam, dass es mitten auf der Kurischen Nehrung eine Staatsgrenze gibt, meint eine junge Litauerin: Auf diese Weise hätte wenigstens jeder etwas von der schönen Landschaft.***
Am Anfang scheint es um reine Geschmacksfragen zu gehen: Die modernen Entwürfe des Architekten Howard Roark (Gary Cooper) im Stil von Frank Lloyd Wright erzeugen Kopfschütteln zu einer Zeit, in der seine Konkurrenten vornehmlich dekorative Zuckerbäckerbauten errichten. Roark macht keine Kompromisse und bleibt zunächst erfolglos, wohingegen sein Freund Peter in King Vidors „The Fountainhead“ (1949) dem Massengeschmack entgegenkommt und die Aufträge an Land zieht. Als Roark schließlich doch Erfolg hat, entwickelt sich der Film zu einer beinahe philosophischen Abhandlung über die Frage, ob die Aufgabe des Architekten nur mit radikalem Individualismus und in größter künstlerischer Freiheit zu erfüllen ist oder ob er sich einem Kollektiv unterzuordnen hat. Denn als seine Pläne für ein soziales Wohnungsbauprojekt verändert werden, sprengt Roark die Rohbauten in die Luft und kommt vor Gericht, wo er ein Plädoyer für Nonkonformismus als den „american way of life“ hält …
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Um Fotografen und Fotografie im Spielfilm geht es in der Reihe FotoKino, die das Arsenal im November zeigt: Am 19. 11. referiert Fabian Störmer zum Thema „Unschuldige Beweise“ (17 Uhr); um 19 Uhr gibt es dann Antonionis „Blow Up“ zu sehen, in dem der kürzlich verstorbene David Hemmings als Modefotograf den Hinweisen auf einer grobkörnigen Vergrößerung eines Fotos nachgeht, das vielleicht einen Mord zeigt: Bald verwischen die Grenzen zwischen Realität und Einbildungskraft. LARS PENNING