cdu-parteitag : Konservative mit Kurs
Der Wille zur Macht ist Angela Merkel stets bescheinigt worden – gezweifelt wurde nur an ihrer Fähigkeit, sie zu erringen. Die Zahl der Zweifler dürfte gestern kleiner geworden sein. In ihrer Rede auf dem CDU-Parteitag hat die Vorsichtige selbstbewusst und souverän die Meinungsführerschaft für sich beansprucht. Natürlich versäumte sie nicht, ihren Kopf höflich in Richtung der Herren Koch und Stoiber zu neigen, aber das sollte ein Zeichen der Leutseligkeit sein. Nicht eins der Demut. Angela Merkel hat ihren Kurs klar definiert und weicht bei zwei schwierigen Themen – nämlich Patriotismus und Sozialpolitik – dem parteiinternen Streit nicht aus.
Kommentarvon BETTINA GAUS
Im Vorfeld des Parteitages hatten viele geglaubt, dass es der CDU-Vorsitzenden ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen wohl am liebsten wäre, wenn der Fall des in Ungnade gefallenen Abgeordneten Martin Hohmann möglichst keine Rolle mehr spielte. Das war ein Irrtum. Angela Merkel ging in die Offensive. Einerseits mit sehr konservativen Positionen: Sie ist für ein Vertriebenenzentrum in Berlin und ein Kopftuchverbot an Schulen, schürt Ängste vor Asylmissbrauch, wendet sich gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei und sie meint, es sei die Kraft der Deutschen zur Versöhnung mit sich selbst, die dieses Land stark gemacht habe. Man muss nicht links sein, um das Weltbild schauerlich zu finden, das sich in diesem Gesamtpaket offenbart.
Andererseits und zugleich aber ist es der CDU-Vorsitzenden gelungen, sich unmissverständlich vom Rechtsextremismus abzugrenzen. Den christlich motivierten Widerstand gegen den Nationalsozialismus bezeichnete sie als eine der wichtigsten Wurzeln der CDU, und ausdrücklich erkannte sie die Einzigartigkeit des Holocaust an. In der Partei soll kein Platz sein für Frauen und Männer, bei denen begründete Zweifel bestehen, dass sie das anders sehen. Wer den Fraktionsausschluss von Hohmann für falsch hält, weiß jetzt, dass er oder sie sich damit nicht allein taktisch, sondern auch inhaltlich gegen die Parteivorsitzende stellt.
Angela Merkel ist inzwischen eine starke Gegnerin. Nachdrücklich fordert sie Unterstützung für ihren sozialpolitischen Kurs. Ihre Kernaussagen dazu sind nicht nur als Kampfansage an die Bundesregierung zu verstehen, sondern auch als Zeichen ihrer Bereitschaft, Konflikte mit der bayerischen Schwesterpartei ganz offen auszutragen. Auf Augenhöhe. Mindestens.