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Archiv-Artikel

Fraktion Gnadenlos

Ronald Schill einstimmig aus der Schill-Bürgerschaftsfraktion ausgeschlossen. Sechs Mitglieder glänzten durch Abwesenheit. Umfrage: Schill-Partei nur noch zwei Prozent

Wieder die 19: Mit der Prozentzahl feierte Ronald Schill vor zwei Jahren Triumphe. Gestern senkten 19 Fraktionsmitglieder über ihre ehemalige Lichtgestalt den Daumen: Einstimmig wurde er aus der Bürgerschaftsfraktion ausgeschlossen. Sechs Fraktionsmitglieder, unter ihnen die Schill-Getreuen Horst Zwengel, Bodo-Theodor Adolphi und Katrin Freund waren allerdings gar nicht erst gekommen. Ob Schill mit ihnen einen Neuanfang unter anderem Etikett starten würde, war gestern Abend noch unklar.

Während Fraktionschef Norbert Frühauf nun davon spricht, „neue Kraft, um für die Zukunft zusammenzustehen“, gewonnen zu haben, ist das Klima zwischen Schillianern und der Mehrheit um Bausenator Mario Mettbach komplett vergiftet: Mettbach läuft nur noch mit Polizeischutz durch die Gegend, da er nach eigener Aussage zahlreiche Drohungen per Anruf, Fax und Mail bekommen habe. Absender hätten das „Ausrotten des Bundesvorstandes“ gefordert, so die deutliche Wortwahl, Mettbach hat derweil Strafanzeige erstattet. Heute wird er auf dem Landesparteitag der brandenburgischen Schillianer erklären müssen, warum er den Parteiausschluss Schills vorantreibt. Auf der Bundesvorstandssitzung am Dienstag soll der Rauswurf Schills aus der Partei eingeleitet werden.

Schill hat gegenüber der Bild angekündigt, dass er sein Bürgerschaftsmandat bis zur Neuwahl im Februar behalten wolle. Was die Pläne, eine eigene Partei zu gründen, anbetrifft, hielt er sich gewohnt bedeckt. Dass es nun auf Neuwahlen und eine mögliche Renaissance von Rot-Grün hinauslaufe, zerstöre „sein Lebenswerk“, wie er sich ausdrückte. Eine solch „einmalige Chance“ wie vor zwei Jahren gebe es so rasch nicht wieder: „Die CDU wird die nächsten 44 Jahre nicht mehr regieren.“

Zumindest die Chance, stärkste Partei zu werden, ist jedoch groß: Nach neuesten Umfragezahlen läge die Partei von Bürgermeister Ole von Beust bei satten 43 Prozent – 17 Prozent über ihrem Resultat vom September 2001. Zur Regierungsbildung würde das aber nicht reichen, da sowohl FDP als auch Schill-Partei nicht mehr ins Parlament kämen. Die FDP bleibe bei vier Prozent hängen, eine Schill-Partei, wie sie auch immer aussehen mag, würde dagegen auf verheerende zwei Prozent abstürzen. Genau die 17 Prozent weniger, die die CDU draufschlägt, wenn man es simpel rechnen würde.

SPD und GAL könnten sich danach über eine knappe Mehrheit in der Bürgerschaft freuen. Die würde mit 37 Prozent für die SPD und 12 Prozent auf grüner Seite ausfallen. PETER AHRENS