: Verflogene Euphorie
PRESSEVIELFALT Die „Heuschrecke“ Montgomery ist weg, aber der Schrecken geht weiter: die „Hamburger Morgenpost“ ein Vierteljahr nach der Übernahme durch Dumont
VON MARCO CARINI
„Es kann nur besser werden“ –dieser Satz war Anfang des Jahres vielstimmig aus den Mündern der Belegschaft der Hamburger Morgenpost (Mopo) zu hören. Da wurde gerade bekannt, dass der britische Medienzar David Montgomery das Hamburger Boulevardblatt an das Kölner Verlagshaus M. Dumont Schauberg verkauft hatte. Montgomery – der Mann stand für skrupelosen Heuschrecken-Kapitalismus, überzogene Rendite-Erwartungen und die Ausdünnung der Mopo-Belegschaft durch die Zulieferung von überregionalen Themen und Seiten über den Berliner Kurier.
Dumont, das hingegen klang nach einem Traditions-Verleger, einer Gilde echter Zeitungsmacher. Doch drei Monate nach der Übernahme der BV Deutsche Zeitungsholding, zu der auch der Berliner Kurier und die Berliner Zeitung gehören, ist die Euphorie im Mopo-Stammsitz an der Griegstraße verflogen. Immer klarer wird: Den Montgomery-Kurs, Personal über die Synergien zwischen verschiedenen Zeitungen einzusparen, wird auch die Kölner Verlagsgruppe fortsetzen.
Der Antrittsbesuch des Verlegers Alfred Neven DuMont und seines Sohnes Konstantin empfanden viele Mopo-Mitarbeiter „als Enttäuschung“. Statt konkreter Zukunftsvisionen hätte das Duo nur „Sprechblasen“ im Gepäck gehabt, sagte ein Mopo-Redakteur verbittert. So hätten die Verleger angekündigt, „das Lokale“ zu stärken, für diesen Zweck aber „allenfalls ein paar Volontäre in Aussicht gestellt“, sagte er. Wandel sehe jedenfalls anders aus.
„Noch ist nicht klar, was NevenDumont mit der Mopo genau vorhat“, sagt Mopo-Betriebsrat Holger Artus, doch „ernsthafte Konflikte“ mit dem Verleger seien bereits absehbar. Und auch die Betriebsratsvorsitzende des Berliner Verlags, Renate Gensch ist sicher: „Es wird einen weiteren Personalabbau in Hamburg und Berlin geben.“
Denn die Kölner Verleger orientieren sich schon seit den ersten Wochen stark darauf, dass zwischen Berliner Kurier, Morgenpost und dem ebenfalls zum Haus gehörenden Kölner Express Artikel beliebig ausgetauscht werden können. So wurden die Kommentar-Längen in allen drei Zeitungen vereinheitlicht, die Artikel-Längen sollen auf Express-Format (70 – 80 Zeilen) gestutzt werden und weitere Angleichungen folgen.
Vorvergangene Woche wurde dann erstmals aus Köln angeordnet, dass die Mopo einen Express-Kommentar ins Blatt nimmt, der nach Meinung von Teilen der Mopo-Macher „dem inhaltlichen Profil“ ihrer Zeitung, die 1949 von der Hamburger SPD gegründet wurde, deutlich widersprach. Klar ist: Auch die Politik-Redaktion fühlt sich „zur Disposition“ gestellt und im Sport scheinen ebenfalls noch Synergien möglich. Die Mopo-Panorama-Seiten kommen ohnehin schon seit längerem aus Berlin.
„Den großen Einheitsbrei“, befürchtet deshalb der Hamburger Ver.di-Fachbereichsleiter Martin Dieckmann. Die Signale deuteten bei Kurier, Express und Mopo in Richtung „Vervielfältigung der Verbreitungswege bei gleichzeitiger Vereinheitlichung der Inhalte“.