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Archiv-Artikel

„Schröder soll lieber aufpassen“

Der grüne Dortmunder Bundestagsabgeordnete Markus Kurth droht, heute gegen Schröder zu stimmen. Er will dem Kompromiss zur vorgezogenen Steuersenkungen nur zustimmen, wenn ein gesetzlicher Mindestlohn vereinbart wird

taz ruhr: Die rot-grüne Regierung will keine gesetzliche Mindestlohn-Regelung. Sie hatten angekündigt, nur bei einem Mindestlohn zustimmen zu wollen. Votieren Sie heute gegen Schröder?Markus Kurth: Wahrscheinlich ja. Ich fordere eine deutliche Klarstellung, dass das Absinken des Lohnniveaus verhindert wird.Diese Klarstellung wird es aber nicht geben, sagt das Bundesarbeitsministerium.Das muss nicht heute im Gesetz verankert werden, ich will einen verbindlichen Entschließungsantrag oder eine deutliche Erklärung des Kanzlers.Ihr Kanzler rechnet mit einer eigenen Mehrheit.Schröder soll mal lieber aufpassen, dass er nicht über seine eigenen Drohungen stolpert. Die Diskussion um eine eigene Mehrheit ist politisch dumm. Diese DDR-Mentalität vom Einheitsblock ist demokratiefeindlich.Bisher war diese Strategie aber sehr erfolgreich – schließlich haben Sie der Senkung des Arbeitslosengeldes und den bisherigen Zumutbarkeitsregeln zugestimmt.In einigen Punkten waren harte Kompromisse für mich möglich. Mein „Nein“ hätte da nichts verhindert. Auch jetzt wird es wenig ändern, aber an den verstärkten Zumutungen von Arbeitslosen hängt meine persönliche Identität, schließlich war ich selber mal arbeitslos.Ihr Dortmunder Kreisverband ist sauer, dass Sie bisher allen Hartz-Gesetzen zugestimmt haben.Klar sind die sauer, aber hier läuft das alles anders, das ist kein Wunschkonzert. Ich versuche, etwas innerhalb des Gefüges zu erreichen. Wenn man hier mit einer roten Fahne rumläuft, erreicht man gar nichts. Das Verhältnis zum Kreisverband ist gut, die verstehen, dass ich immer eine Minderheitenmeinung innerhalb der Fraktion vertrete.Was haben Sie denn „innerhalb des Gefüges“ verändern können?Ich habe zum Beispiel erreicht, dass Menschen mit Behinderungen auch in Zukunft einen besonderen Schutz bei betriebsbedingten Kündigungen haben. Ich arbeite den ganzen Tag an Dingen, die nicht bekannt werden. Meine Überzeugungen habe ich nicht preisgegeben, ich bin immer noch links.Die Linken sehen das anders...Viele von uns Linken wollen immer mit dem Rammbock durch die Gegend rennen, das ist doch Kokolores. Ich versuche im politischen Koordinatennetz was zu verändern und den Sozialstaat zu erhalten. Dafür habe ich gekämpft wie ein Löwe.

ANNIKA JOERES