: Offiziell indiskret
Der Bundestag arbeitet wieder am Informationsfreiheitsgesetz. Beispielhaft für gute Regelungen für Bürger und Medien ist Großbritannien
VON STEFFEN GRIMBERG
Ein Tauziehen der besonderen Art beschäftigt die Ausschüsse des Deutschen Bundestages gleich in der ersten Sitzungswoche im neuen Jahr: Der nach jahrelangen Querelen endlich im Dezember eingebrachte Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) soll wesentlich nachgebessert, sprich: die Auskunftsansprüche für BürgerInnen und JournalistInnen weiter gefasst werden – sagen die Befürworter. „Nachbessern“ in ihrem Sinne wollen aber auch die Bedenkenträger um Innenminister Otto Schily (SPD) und den Bundesverband der Deutschen Industrie: Sie wollen den vorliegenden Entwurf von SPD und Grünen deutlich einschränken.
Doch was bringt das IFG für die Medien? Sie würden durch bessere Recherchemöglichkeiten profitieren, „auch wenn sich der Entwurf stellenweise wie ein Informationsfreiheitsverhinderungsgesetz liest“, kommentierte der stellvertretende Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Volker Hummel. JournalistInnen seien nun nicht mehr auf Tipps und Indiskretionen aus Behörden angewiesen, sondern könnten mehr als bisher und ganz offiziell in Akten und Dokumenten recherchieren: „Das Gesetz macht uns Journalisten die Arbeit leichter und den Staat für alle Bürger transparenter.“ Bisher regeln nur die Landespressegesetze den Auskunftsanspruch der Medien.
Wie sehr entsprechende Gesetze die Arbeit der Medien erleichtern, zeigt Großbritannien. Auch hier war der Weg zum „Freedom of Information Act“ alles andere als leicht. Das Prestige-Gesetzesvorhaben der Labour-Regierung wurde 2001 formuliert, doch erst zum Jahreswechsel am Wochenende ist es offiziell in Kraft getreten. Weil die britischen Behörden nun offenbar das Schlimmste erwarten, fahren sie eine Offenheits-Offensive der besonderen Art: Um Exklusiv-Enthüllungen zu torpedieren, sollen alle relevanten Auskünfte nicht nur an die nachbohrenden JournalistInnen gehen, sondern zeitgleich im Internet für jedermann – und so natürlich auch für die liebe Konkurrenz – veröffentlicht werden. Die Medien hätten seit Jahren mehr Transparenz in der Politik und Informationsfreiheit im Interesse der BürgerInnen gefordert, rechtfertigte sich Falconer im Guardian. Jetzt könnten sie doch nicht im Ernst „ihre eigenen kommerziellen Interessen höher stellen als das Recht der Öffentlichkeit, alles zu erfahren“.