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Archiv-Artikel

Für den Aktienboten des Diktators

Wenn die Hoffnung den Verstand trübt: Bremer Amtsgericht verurteilt Betrüger der „Nigeria-Connection“. Der brachte ein gutgläubiges Paar mit hanebüchenen Märchen und geschwärzten Dollar-Scheinen um 25.000 Euro

Von mnz

Bremen taz ■ Die Nebenerwerbsidee erschien der 45-jährigen Heidemarie L. ebenso schlüssig wie unverdächtig. Vier Millionen Euro Provision, so das Versprechen, sollte die Kundenbetreuerin einstreichen – und das ganz nebenbei: Bloß einen Immobilienmakler für den liberianischen Ex-Diktator Charles Taylor sollte sie auftreiben. Mehr als Schwarzgeld hat L. dafür freilich nie gesehen – und stattdessen an die 25.000 Euro an die so genannte „Nigeria Connection“ verloren.

Gestern stand mit Osadebamwen O. (30) ein Mitglied des international agierenden Netzwerks wegen gemeinschaftlichen Betruges vor dem Bremer Amtsgericht. Taylor wolle Aktien im Wert von 20 Millionen Euro in Immobilien anlegen, hatte der arbeitslose Nigerianer O. der Geschäftsreisenden L. Anfang vergangenen Jahres erzählt. Nun halte er nach privater Hilfe aus Deutschland Ausschau. Die Frau aus Reutlingen sagte ihre Unterstützung zu – um drei Monate später ihren Ex-Mann als Geschäftspartner zu vermitteln. Ein angeblicher Botschafter aus Liberia kam ins Spiel, ein erstes Treffen im Bremer Ibis-Hotel wurde arrangiert. Anschließend überwies die Schwäbin rund 3.000 Euro Unkosten an O. – „ohne Bedenken“, wie sie gestern vor Gericht zugab.

Rundum glaubhaft erschien L. auch ein neuer Hinweis ihrer afrikanischen Auftraggeber: Weitere 21.000 Euro würden gebraucht, um Taylors Aktien im Diplomatenkoffer nach Amsterdam zu schaffen. Die L.s verschulden sich und reisen mit einem Koffer voller Bargeld erneut nach Bremen. Ort der Übergabe diesmal: das Hotel „Horner Eiche“. Der Rest der Geschichte erinnert an einen schlechten Film: Codewörter werden ausgetauscht, seriös wirkende Anzugträger öffnen einen schwarzen Koffer, darin: bündelweise Dollarnoten mit dem Aufdruck „secured“. Eine erste „Geldwäsche“, die den Schriftzug entfernen soll, findet noch vor Ort statt. Bevor L. allerdings die Scheine in die Hände bekommt, werden plötzlich Forderungen nach weiteren 100.000 Euro laut. Zunächst muss nämlich angeblich noch eine millionenteure Reinigungs-Tinktur beschafft werden.

Soweit wird es schließlich nicht kommen. Irgendwann schalten selbst L. und ihr Ex-Mann die Polizei ein. O. wird verhaftet, seine Hintermänner aus Amsterdam kommen davon.

Ein Jahr auf Bewährung lautete gestern das Urteil für O. Die „Nigeria Connection“ hat ihren Sitz unter anderem in Bremen – und stand schon des Öfteren bei Amtsrichter Wolfgang Rathke vor Gericht. Auch O. steht noch ein weiterer Betrugsprozess bevor: Mit seiner Hilfe wurde ein norwegischer Geschäftsmann um rund 100.000 Euro erleichtert. mnz