Nachschub für Merkels treues Trüppchen

Der CDU-Chefin laufen die Promis davon. Doch in der Unions-Fraktion baut sie gezielt eine loyale Mannschaft auf

Es hat schon angenehmere Zeiten gegeben für Angela Merkel. Ausgerechnet vor dem kleinen CDU-Parteitag heute in Berlin, auf dem der neue Generalsekretär Volker Kauder gewählt wird, ist eine Umfrage bekannt geworden, die alle bestärkt, die der Chefin nur noch wenig zutrauen. Was Infratest ermittelt hat, passt zu Wolfgang Schäubles böser These, wonach 2004 ein „verlorenes Jahr“ für die Union gewesen ist. Die einst so klare Führung für Schwarz-Gelb vor Rot-Grün schmilzt dahin, nur noch ein Prozentpünktchen ist es jetzt.

Um den Abwärtstrend zu stoppen, bräuchte Merkel dringend Freunde, die ihr helfen. Doch da stellt sich ein Problem. Wenn die CDU-Granden heute im Konrad-Adenauer-Haus eintrudeln, wird das vor allem als Versammlung vieler Merkel-Gegner wahrgenommen. Ob Koch, ob Wulff, ob Peter Müller, alle CDU-Ministerpräsidenten, heißt es, wünschten Merkel insgeheim nur Pech und Unglück. Und spätestens nach dem unrühmlichen Abgang ihres loyalen Generalsekretärs Laurenz Meyer im Dezember wird Merkel mit einem traurigen Attribut versehen: „Einsam“ sei sie. Folgender Satz gilt fast als Gesetz: Die CDU-Chefin hat keine Hausmacht und so gut wie keine Freunde in Partei und Fraktion, auf die sie sich verlassen kann.

Richtig ist: Merkel hatte eine ganze Reihe prominenter Abgänge zu verzeichnen, von Horst „Sozial“ Seehofer bis Friedrich „Neoliberal“ Merz. Doch es gibt eine Gegenthese aus ihrem Anhängerlager: „Weniger Prominenz, mehr Kohärenz“. Da ist etwas dran. Merkel ist dabei, ein neues Trüppchen treuer Freunde um sich zu scharen. Aufsteiger, die vom Abstieg der Promis profitieren. Auch wenn längst nicht alles von langer Hand geplant war, kristallisiert sich ein größer werdender Kreis von Gefolgsleuten heraus, die Merkel zu Dank verpflichtet sind. Keineswegs nur das viel belächelte „Girls Camp“ um Annette Schavan oder Hildegard Müller.

Politisch ist es durchaus interessant, wer sich da hocharbeitet – und wer nicht. Statt des „Roten-Socken“-Stopfers und Kohl-Manns Peter Hintze soll der erst 39-jährige bisherige rechtspolitische Sprecher der CDU, Norbert Röttgen, eine Schlüsselposition übernehmen und neuer parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion werden. Damit wurden alle drei eher liberalen „jungen Wilden“, die Ende der 90er-Jahre gegen die damalige Linie der Partei für ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht plädierten, von Merkel befördert: Peter Altmaier wurde Fraktionsjustiziar, Eckart von Klaeden Vize-Geschäftsführer. Ganz schön mutig: „Den jungen Wilden sollte man mit der Gartenschere die Eier abschneiden“, schimpfte CSU-Mann Wolfgang Zeitlmann einst über dieses Trio. Gezielt fördert Merkel weitere Getreue: Die Frauenpolitikerin Maria Böhmer und Niedersachsens Sozialministerin Ursula von der Leyen stehen heute auf dem Parteitag im Mittelpunkt, sie sollen die neue CDU-Kommission „Frauen, Familie und Beruf“ vorstellen. LUKAS WALLRAFF