Menschenrechtsverpflichtungals Pekinger Farce

CHINA Regierung weist sämtliche Empfehlungen des UNO-Menschenrechtsrats zurück

GENF taz | In einer unter den 192 UNO-Staaten bislang beispiellosen Weise hat die Regierung Chinas am Donnerstag ihre Geringschätzung für die Menschenrechtsnormen und -mechanismen der Weltorganisation demonstriert. Pekings Botschafter bei der UNO in Genf wies ausnahmslos sämtliche 70 Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage in der Volksrepublik zurück, die der UNO-Menschenrechtsrat zum Abschluss seiner Überprüfung Chinas ausgesprochen hatte. „Die chinesische Regierung hat aus ihren Verpflichtungen im Rahmen des Überprüfungsverfahrens eine völlig Farce gemacht“, kritisierten Human Rights Watch und andere Menschenrechtsorganisationen.

Im Rahmen des seit Anfang 2008 durchgeführten „Universal Periodic Review“ (UPR) werden sämtliche UNO-Staaten regelmäßig alle vier Jahre auf die Einhaltung der international seit 1948 vereinbarten Menschenrechtsnormen hin überprüft. Das jeweils etwa halbjährige Verfahren beginnt mit schriftlichen Staatenberichten der jeweiligen Regierung an den Menschenrechtsrat. Zusätzliche Informationen und Einschätzungen kann der Rat durch Vor-Ort-Besuche von Sonderberichterstattern, bei Nichtregierungsorganistationen sowie – falls vorhanden – bei nationalen Menschenrechtsinstitutionen einholen. Nach schriftlichen Rückfragen des Rats bei der jeweiligen Regierung muss diese sich schließlich bei einer halbtägigen mündlichen Befragung vor dem Menschenrechtsrat in Genf verantworten. Danach erstellt der Rat seinen abschließenden Bericht mit Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage in dem betreffenden Lage.

Keiner der seit Anfang 2.008 überprüften knapp 70 Staaten hat bislang sämtliche Empfehlungen des Rats ohne Einschränkung akzeptiert. Auch die deutsche Bundesregierung hat rund die Hälfte von 44 Empfehlungen, die der Menschenrechtsrat nach der mündlichen Anhörung Deutschlands Anfang März formuliert hatte, nicht oder nur mit zum Teil erheblichen Einschränkungen zurückgewiesen. Doch eine vollständige Ablehnung, wie jetzt durch die chinesische Regierung, ist noch nie vorgekommen. Zudem machte sich Peking nicht einmal die Mühe, die Ablehnung näher zu erläutern.

Auf die sehr differenzierten und detaillierten Informationen und Empfehlungen des Menschenrechtsrats etwa zum Thema Zensur/freie Meinungsäußerung, reagierte Peking schlicht mit dem Satz: „Es gibt keine Zensur in China.“ Auf die Empfehlungen des Rats zu Folter und polizeiliche Übergriffe an Mitgliedern ethnischer Minderheiten (deren zahlreiche Fälle von NRO und UNO-Organisationen bestens dokumentiert sind) erklärte die Regierung lediglich sie werde „niemals Folter an Angehörigen ethnischer Minderheiten erlauben“.

Ähnlich knapp lauteten die abweisenden Reaktionen auf die Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Tibet, zur Überwindung von Kinderarbeit und zu allen anderen vom Menschenrechtsrat angesprochenen Themen. ANDREAS ZUMACH