: Lokale Vielfalt oder Einheitsbrei
MEDIENVIELFALT Beim Eimsbüttler Wochenblatt wurde der einzige Lokal-Redakteur entlassen – die Inhalte werden nun südlich der Elbe produziert.
Martin Schäfer, SPD-Abgeordneter
Sie liegen derzeit auf fast jeder Ladentheke in Eimsbüttel aus – die Unterschriftenlisten gegen die Kündigung des Eimsbüttler Wochenblatt-Redakteurs Arndt Prenzel. Der 57-Jährige, der seit mehr als 14 Jahren für das Anzeigenblatt schreibt und in dem Bezirk längst eine Institution ist, wurde Ende Mai ohne Begründung vor die Tür gesetzt.
Die Initiative, die sich für die Rücknahme der Kündigung einsetzt, befürchtet nun eine Verödung der lokalen Berichterstattung, da „die Hamburger Lokalpresse nicht umfassend“ über die kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen des Stadtteils berichten könne. Mit Prenzel werde, „der Reporter vor Ort abgeschafft“. Das kostenlose Verteilblatt – das in einer Auflage von über 50.000 Exemplaren jeden Donnerstag erscheint – werde zukünftig „mit Standardjournalismus aus der Ferne gefüllt“, prognostiziert der Journalist Wulf Beleites, Sprecher der Initiative.
Denn Prenzels Aufgaben, das bestätigt der Geschäftsführer des Eimsbüttler Wochenblatts, Ralf Exner, sollen in Zukunft von der Redaktion des Elbe-Wochenblatts mit übernommen werden. Sie logiert in Harburg und füllt bereits die Wochenblatt-Ausgaben in Altona und Eidelstedt mit redaktionellen Inhalten.
„Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage war die Trennung unumgänglich – die Gesellschafter sind an mich heran getreten und haben Einschnitte gefordert, damit wir wettbewerbsfähig bleiben“, begründet Exner die Kündigung. Hinter den Gesellschaftern verbergen sich vor allem der Axel Springer Verlag und seit Anfang des Jahres auch das hannoversche Verlagshaus Madsack, das Anteile von Springer übernahm. Während Beleites die Kündigung Prenzels auf die Beteiligung des Madsack-Konzerns und dessen Sparkurs zurückführt, beteuert Exner, der Schritt habe „nichts mit der Beteiligungsveränderung zu tun“.
Zudem betont er, dass die Zeitung „auch in Zukunft nicht weniger aus den Eimsbüttler Quartieren berichten“ werde. Es werde „keinen Einheitsbrei für alle Hamburger Stadtteile“ geben.
Viele Eimsbüttler aber befürchten das Gegenteil – binnen weiniger Tage sammelte die Initiative mehrere hundert Unterschriften gegen die Kündigung, motivierte die ersten Anzeigenkunden des Wochenblatts, ihre Aufträge wegen der Kündigung Prenzels zurück zu ziehen. Und auch die Eimsbüttler Politiker, für die Prenzel oft der erste mediale Ansprechpartner war, schlagen Alarm. Eine solche Zeitung brauche „den Redakteur zum Anfassen“, warnt der bezirkliche Bundestagskandidat Rüdiger Kruse (CDU) und der Eimsbüttler SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Martin Schäfer schimpft: „Es kann nicht angehen, dass die Wochenblätter von jedem redaktionellen Inhalt entblößt werden und zu reinen Anzeigenblättern verkommen – ohne Sinn und Verstand.“ MARCO CARINI