: Anatomisches Wunder hält Schalke im Rennen
Gerald Asamoah führt Schalke zu einem 3:0 gegen Wolfsburg. Eigentlich hätte der Nationalspieler wegen eines Muskelfaserrisses auf der Tribüne sitzen sollen. Nach dem Sieg will nur Manager Assauer den Mund nicht aufreißen
SCHALKE taz ■ Der niederträchtige Einsatz der bayerischen Geheimwaffe blieb folgenlos. Dabei hatte sich Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt am Mittwochabend größte Mühe gegeben: Einen Muskelfaserriss, ganz sicher, hatte der Teamarzt der Deutschen Nationalmannschaft und Chefquacksalber der Münchener Fußballprominenz nach dem Länderspiel gegen Argentinien am Oberschenkel von Schalkes Rechtsaußen Gerald Asamoah diagnostiziert – Einsatz am Wochenende in der Bundesliga fast unmöglich. Doktor Müller-Wohlfahrt muss eine anatomische Besonderheit übersehen haben: „Mein Körper ist anders als normal“, erklärte Asamoah nach dem 3:0-Sieg gegen Wolfsburg der staunenden Medizin-Fachpresse. „Ich bin halt nicht so gelenkig, da tut es hinten schon mal öfter weh. Wenn es ein Faserriss war, dann aber nur ein kleiner.“
Nicht gelenkig, dafür kraftvoll und im Achterbahn-Tempo fiel der wundersame Asamoah in den ersten Minuten über die Wolfsburger Abwehr her, als steckten in den schwarz-gelben Trikots des Gegners keine harmlosen Niedersachsen, sondern Nachbar Borussia Dortmund. Nach zehn Minuten hatten sich die zu bemitleidenden Wolfsburger Verteidiger Weiser und Quiroga nach Fouls an der Schalker Dampfwalze schon die gelbe Karte abgeholt, in der 13. Minute rammte der aktuelle Ober-Schalker per Kopf eine Freistoßflanke von Lincoln zum 1:0 ins Tor.
Dass Schalke zu diesem Zeitpunkt schon längst mit drei Toren hätte führen müssen, blieb für Schalke-Trainer Ralf Rangnick nach dem Spiel eins von wenigen Ärgernissen. Annähernd an die Zeit vor der Winterpause habe sein Team angeknüpft, befand er: „Anspielen tief in die Spitze, von da prallen lassen, giftige Pässe, das war schon sehr gut.“ Stark neben Asamoah war vor allem Regisseur Lincoln, Vorbereiter auch des 2:0 durch Ebbe Sand kurz vor der Pause. „Wenn man einer Nummer 10 so viel Platz gibt, hat man eben keine Chance. Ich habe erstmals in meiner Zeit als Trainer in Wolfsburg einen Qualitätsunterschied gesehen“, lobte der bediente Gästetrainer Erik Gerets.
Gerets durfte dankbar sein, dass Schalke sein phasenweise apathisch spielendes Team nicht völlig zerrupfte und nur noch das 3:0 von Mike Hanke nachlegte. Vor allem Ailton kugelblitzte als Chancentod durch die Arena, verschoss zu Beginn der zweiten Hälfte sogar einen Elfmeter. Motiv Mitleid mit den Wolfsburgern, die eine Viertelstunde vor Schluss auch noch Hans Sarpei nach einem Blödsinns-Handspiel verloren.
Zumindest vorübergehend nur durch das Torverhältnis von den Bayern getrennt, die beste Rückrundenleistung gezeigt, dazu die Attacke obskurer Ärzte überstanden – dieses Jahr muss Schalke Deutscher Meister werden. Zumal der Aufschwung nach zuletzt zwei schwachen Auswärtspartien ohne die teuren Neuzugänge Bordon und Kristajic und Rangnick-Liebling Christian Poulsen gelang: Hinten räumten der fast vergessene Tomasz Waldoch und Befreiungsschlag-Spezialist Dario Rodriguez ab, das defensive Mittelfeld ackerte in Euro-Fighter Manier, vorne wird schnell zusammen und nicht mehr „alles auf Ailton“ gespielt – viel besser können die Bayern auch nicht.Nur Rudi Assauer wollte am liebsten überhaupt nichts Positives sagen: „Das wird eine enge Kiste, die anderen hängen dran. Erst wenn wir drei Spieltage vor Schluss noch da oben stehen, kannste den Mund aufmachen“, hüllte sich der Manager in Rauchschwaden. Gerald Asamoahs Vertrauen in seinen Wunderkörper scheint dagegen nicht zu erschüttern: „Das schlechtere Torverhältnis gegenüber Bayern holen wir eben ein anderes Mal auf.“ KLAUS JANSEN