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Archiv-Artikel

Frau ohne Standort

Medienpolitik ist nicht die Sache von Peer Steinbrück – zu aussichtslos. Er hat eine Staatssekretärin: Miriam Meckel

KÖLN taz ■ Sie ist eine der wenigen glamourösen politischen Beamtinnen Deutschlands. In der Diktion druckreif, im analytischen Denken glasklar, repräsentiert Miriam Meckel das Medienland Nordrhein-Westfalen wie keine andere der Düsseldorfer Regierungsfiguren.

Doch die krassen Umbrüche im deutschen Medienmarkt gehen auch an der Staatssekretärin nicht spurlos vorüber. Am derbsten schlägt der Verkauf der Kölner Viva Media AG – das Vorzeigeprodukt der NRW-Medienpolitik – an Viacom ins Kontor. Der TV-Bereich zieht nun aller Wahrscheinlichkeit nach der Popkomm hinterher, nach Berlin. Doch Meckel will die verlorene Schlacht um Viva weiterkämpfen, es sind schließlich nur noch rund drei Monate bis zur Landtagswahl im Mai: „Ich erwarte von Viacom, dass der Konzern den Fernsehstandort Köln in seine Strategie einbindet“, sagt sie mit ungebrochenem Selbstbewusstsein. Und droht mit Konsequenzen, falls Viacom den ebenfalls in Köln beheimateten Sender Viva Plus ummodelt: „Die Kabellizenz ist an bestimmte Kriterien wie den Programminhalt gebunden.“

Solche kleinen Spitzen erlaubt sich die Medienpolitikerin auch gegen andere starke Player wie den Westdeutschen Rundfunk, dem sie rät, den Gang zum Verfassungsgericht im Streit um die Erhöhung der Rundfunkgebühren zu unterlassen: „Da könnte durchaus eine Überraschung ins Haus stehen.“ Pokert sie? Will sie den WDR, bei dem sie von 1994 bis 1999 als Chefin vom Dienst, Moderatorin, Autorin und Reporterin beschäftigt war, nur reizen? Ganz sicher kann man nicht sein bei Miriam Meckel. „Ich bin keine echte Politikerin“, sagt sie über sich. Und doch ist sie sich der Regierungsmacht offenbar sehr bewusst, die sie mal als Zuckerbrot, mal als Peitsche einsetzt.

Obwohl erst 37 Jahre alt, ist Meckel bereits die zentrale Strippenzieherin der NRW-Medienpolitik. Wolfgang Clement war einst in Düsseldorf ihr Mentor. Er holte sie aus der Münsteraner Uni, wo sie mit 31 Professorin geworden war, aber schnell die Lust verloren hatte, und bot ihr das Amt der Regierungssprecherin an. Sie griff zu. „Zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, schrieb damals der Spiegel unter ein Foto Meckels.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Als Peer Steinbrück 2002 Clement in NRW beerbte, lud der neue Ministerpräsident Meckel neben dem Bereich „Medien“ auch „Internationales“ und „Europa“ auf. Für den spröden Steinbrück spielt die Medienpolitik heute eine untergeordnete Rolle. Der Boom ist seit 2002 drastisch verebbt. Die NRW Medien GmbH war seit ihrer Gründung fast ausschließlich mit der Beratung von insolventen Start-ups beschäftigt. 2004 wurde das Experiment Medien GmbH beendet. Auch die Standortförderung, einst das Markenzeichen ihrer Politik, ist inzwischen beerdigt. Institutionenförderung sei out, sagt Meckel heute: „Ich habe lieber eine Projektarbeit mit einem klaren Ziel, einem klaren Anfang und einem klaren Ende.“ Zum ersten Mal, so schien es im Lauf der Ära Steinbrück, war Miriam Meckel zur falschen Zeit am falschen Ort, eine Frau ohne Standort. „Wenn man glaubt, dass in einem Berufsleben oder auch in einer persönlichen Entwicklung die Resonanzausschläge immer steigerbar werden, dann ist das illusorisch“, sagt sie.

Gerade weil Steinbrück kein Faible für Medienpolitik entwickelt hat, hätte Meckel als einzige Medienfrau in der Staatskanzlei Akzente setzen und punkten können. Doch die Chance hat sie vertan. Trotzdem: Steinbrück ist derzeit auf sie angewiesen, wenn der Glamour des Medienlandes nicht vollkommen verblassen soll. Und selbst wenn er die Landtagswahlen verlieren sollte, muss das für die parteilose Meckel kein Nachteil sein. Nach dem 22. Mai kann sie sicher problemlos als hoch bezahlte Medienberaterin in die Wirtschaft wechseln – oder sie geht einfach an die Uni zurück. Zurück? Ach nein. Das wäre nichts für Miriam Meckel. SEBASTIAN SEDLMAYR