: Erwärmung tut dem Kabeljau gut
Nach neuesten Erhebungen hat sich der Bestand um Grönland stabilisiert. Grund dafür sind warme Meeresströmungen und die strenge Quotierung der Fangmenge. Forscher fordern aber weitere Schonzeit zur Regenerierung des Jungfischbestandes
AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF
Fast überall wird das Sterbeglöckchen für den Kabeljau geläutet, doch zumindest in einem Meeresgebiet scheint er auf dem Weg der Erholung zu sein: im Seegebiet um Grönland. Dies meldet die Bundesforschungsanstalt für Fischerei als Ergebnis der letzten Grönlandfahrt des deutschen Fischereiforschungsschiffs „Walther Herwig III“. Danach liegt der aktuelle Bestand des einjährigen Jungkabeljaus vor Grönland bei immerhin 70 Prozent des als gut eingeschätzten Bestands von 1984. Eine Quote, die seitdem nicht mehr erreicht wurde.
Der Kabeljaubestand war in den einst sehr ertragreichen Fanggründen um Grönland vor 30 Jahren nahezu vollständig kollabiert. Meeresbiologen glauben, dass daran auch einer Kälteperiode in den Siebzigerjahren schuld ist, die sich ungünstig auf das Fischwachstum auswirkte. Hauptgrund des dramatischen Rückgangs war aber die rücksichtslose Überfischung, an der sich auch die deutsche Fischflotte wesentlich beteiligte. Aus Protest gegen dieses Plündern trat 1985 Grönland – 1973 mit dem Mutterland Dänemark dem EWG beigetreten – aus der Europäischen Gemeinschaft wieder aus. Seitdem müssen spezielle Fischereiabkommen mit Grönland ausgehandelt werden, denen deutlich niedrigere Quoten zugrunde liegen. Für den Kabeljau waren die im letzten Jahrzehnt so niedrig, dass sie für die Fischerei unökonomisch wurden und daher meist ungenutzt blieben.
Die Bundesforschungsanstalt geht davon aus, dass auch die Meereserwärmung um Grönland positiv zur Entwicklung der Nahrungsressourcen beitrug. Günstige Meeresströmungen hätten zudem zur kräftigen Erhöhung des Bestands beigetragen: Der grönländische Kabeljau habe sich vermutlich deshalb so gut erholt, weil Kabeljaubrut – Eier und Larven – des benachbarten Island-Bestands mit der Meeresströmung nach Grönland verdriftet worden sind. Jedenfalls lasse der Bestand an Jungfischen zum Ende dieses Jahrzehnts wieder auf wirtschaftlich interessante Fangerträge hoffen.
Gleichzeitig warnen die Forscher aber vor zu viel Optimismus. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass der Grönlandkabeljau auch in den kommenden Jahren vom Jungfischaufkommen um Island profitiert. Es gelte, mit weiterer Zurückhaltung bei den Fangquoten das günstige Jungfischaufkommen für eine Regeneration des Bestands zu nutzen und Fehler der Vergangenheit, wie die Überfischung, zu vermeiden.
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