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Archiv-Artikel

Krimi fällt aus

Der HSV verliert zu Hause 2:3 gegen Borussia Dortmund. Dabei hätten die Hamburger in der ersten Halbzeit leicht ein paar Tore mehr schießen können. Trainer: „Es gibt Tage, da hält dich irgendwas“

Aus HamburgJörg Feyer

Das Duell der beiden längsten Bundesligaspieler sollte leider nur 17 Minuten andauern. Da humpelte Jan Koller (202 cm) mit Verdacht auf Muskelfaserriss vom Rasen. Sein BVB Dortmund führte da seit sieben Minuten: Tomas Rosicky – nächtens noch von Schüttelfrost geplagt und später ebenfalls vorzeitig ausgewechselt – hatte die Kugel aus 18 Metern links unten ins HSV-Toreck getrieben, nachdem Kollers Widerpart Daniel Van Buyten (196 cm) vom HSV gleich zweimal Schießbudenfigur gespielt hatte. Der Abgang des Riesen schien Borussia Dortmund nicht nur unmittelbar in der Spitze zu schwächen, wo nun Ewerthon eher unauffällig seine Kreise zog, bevor er Van Buyten und den gesamten HSV drei Minuten vor dem Ende mit einem Abstauber zum 3:2 doch noch düpierte.

„Zuordnungsprobleme“ machte Innenverteidiger Christoph Metzelder nach dem Spiel gewohnt eloquent für die zweite Hälfte der ersten Halbzeit aus. Die Folge: Der BVB hätte sich kaum beschweren dürfen, wenn der HSV mit einem 3:1 oder gar 4:1 in die Kabine gegangen wäre. Einmal traf Takahara nur den Pfosten, den Rest – etwa vom noch suboptimal agierenden Benjamin Lauth – vereitelte Gästekeeper Weidenfeller mutig und reaktionsschnell. So reichte es nur zum Ausgleich durch Collin Benjamin, dessen wuchtigen, platzierten Kopfstoß Weidenfeller nur noch klar hinter der Linie parieren konnte (30.). Zur Pause: Zu Recht viel Beifall für ein intensiv geführtes und phasenweise begeisterndes Spiel.

Auf eine Fortsetzung in Hälfte zwo, einen kleinen Krimi gar, hoffte man indes vergeblich. Zwar ging der HSV durch einen mustergültigen Bananen-Freistoß von Stefan Beinlich in Führung (57.), woraufhin Trainer Thomas Doll gewohnt offensiv wechselte; Mahdavikia kam für den nach drei Wochen Pause vorzeitig ermüdeten Wicky. Doch der von HSV-Trainer Doll gern beschworene „Druck“ auf die Dortmunder wollte sich partout nicht einstellen. Kein Kraft-Problem, versicherte Doll. Lag‘s dann daran, dass Dortmund aus der ersten Hälfte gelernt hatte und Dede nun zentraler rackerte? Wo Jarolim nach dem Abgang von Wicky ja auf ungewohnter Position spielte. „Das hat nix mit Organisation zu tun, wenn du zwei Tore nach Standards bekommst“, grollte der HSV-Trainer. Ricken verwandelte einen Freistoß (61.), bevor Ewerthon nach einer Ecke zuschlug. So suchte Doll Zuflucht bei einer Erklärung, die nicht wirklich eine ist. Die man nur einem Mann abkauft, der selbst auf diesem Niveau gespielt hat. „Es gibt Tage, da hält dich irgend etwas“, sagte Doll, leicht resigniert, aber nicht erschüttert.

Die Gäste hielt verständlicherweise nichts mehr. Gerührt sprach BVB-Trainer Bert Van Marwijk vom „Stolz“ auf seine „richtige Mannschaft“, ein Sentiment, welches nach seinem nun achtmonatigen Dortmunder Himmelfahrtskommando nur zu verständlich ist. Thomas Doll will seinen Mannen jetzt auch mal wieder rustikalere Mittel nahe legen. Man hat‘s halt nicht leicht als Trainer. Kaum darf er sich am spielerischen Wachstum seiner Truppe erfreuen, ist es angezeigt, seinen Jungs beizubringen, wann die Pille einfach mal gepflegt auf die Tribüne gepölt gehört. Zweimal drei Gegentore hintereinander – das ist eindeutig zu viel, will der HSV am Tor nach Europa nicht nur klopfen.