: „Ein großes Spiel mit Farben“
Buchbinder bietet Sprechstunde im Museum an
■ 72, war bis zu seiner Pensionierung fest angestellter Buchbinder. Seit zwei Jahren bietet er die „Buchbindersprechstunde“ an
taz: Ist der Buchbinder ein Künstler oder ein Handwerker?
Reinhard Hauswirth: Zunächst ist er Handwerker. Im Laufe der Zeit wird er dann möglicherweise zum Künstler.
Und was sind Sie?
Sich selbst als Künstler zu bezeichnen, ist immer schwierig. Aber andere empfinden meine Tätigkeit oft als künstlerisch.
Wie viel Spielraum hat ein Buchbinder?
Kreative Momente gibt es zum Beispiel bei der Gestaltung des Buchdeckels. Das ist ein Spiel mit Farben und Materialien.
Welches war ihre kreativste Reparatur?
Ein 300 Jahre altes Buch, bei dem – wie oft bei alten Bänden – Teile des Papiers fehlten. Das muss man dann möglichst originalgetreu anfertigen.
Wie machen Sie das?
Ich nutze andere Materialien. Denn früher hat man nicht so viel Holz verwendet, sondern alte Lumpen, die klein gerissen und als Fasern verwendet wurden. Das ergab ein äußerst haltbares Papier.
Haben Sie eigentlich Ehrfurcht vor Büchern?
Nein. Aber Respekt.
Besitzen Sie viele Bücher?
Nein.
Lesen Sie viel?
Nein.
Wie passt das zu Ihrem Beruf?
Es sind zwei verschiedene Dinge. Ein Buch ist zwar zum Lesen da, aber ich betrachte es eher als Werk. Als Objekt zum Anfassen. Wenn ich dieses Material in der Hand habe und ein gutes Papier ertaste: Das hat was. Das löst bei mir gute Gefühle aus.
Was bringen die Leute in Ihre Buchbindersprechstunde?
Alte Kochbücher, alte Tagebücher und viele Bibeln. Natürlich auch mal einen dreibändigen Goethe. INTERVIEW: PS
Buchbindersprechstunde: 16–18 Uhr und dann jeden 1. + 3. Montag im Monat im Museum der Arbeit