Wach bleiben für den Standort

Düsseldorfs Flughafenbetreiber drängen gegen den Widerstand von Nachbarstädten und Anwohnern auf eine Kapazitätserweiterung. Grüne wollen Luftverkehrskonzept überprüfen

AUS DÜSSELDORFKLAUS JANSEN

Die Betreiber des Flughafens Düsseldorf machen vor der nahenden Landtagswahl Druck auf die Politik, die umstrittene Erhöhung der Flugbewegungen am größten Airport Nordrhein-Westfalens zu genehmigen. „Wir hatten zehn Jahre Stagnation. Wenn wir jetzt nicht die Chance ergreifen, dann wird sich NRW sukzessive aus dem Luftverkehr verabschieden“, drohte Flughafen-Manager Rainer Schwarz gestern in Düsseldorf. Gegen den Plan, Anzahl von Starts und Landungen ab 2006 von 38 auf 45 pro Stunde zu erhöhen, protestieren seit Monaten Bürgerinitiativen und die Grünen im Landtag (taz berichtete).

Dass die 20-prozentige Kapazitätssteigerung auch auf ausreichende Nachfrage der Airlines stößt, steht für Flughafenchef Schwarz außer Frage. „Wir müssen schon jetzt Anfragen ablehnen“, sagte er. Immerhin eine neue Verbindung konnte Schwarz auch gestern präsentieren: Die Fluggesellschaft dba wird künftig vom Rhein aus nach Nürnberg starten. dba-Aufsichtsratschef Hans-Rudolf Wöhrl kündigte im Falle einer Kapazitätserweiterung ein stärkeres Engagement an: „Dafür muss aber die jahrelange Selbstkasteiung des Flughafens aufhören“, sagte er. Und wenn nicht? „Falls die Landesregierung das ablehnt, wird es schwierig für den Flughafen.“

Mit der geplanten Erweiterung rüttelt die Flughafengesellschaft an einer 40 Jahre alten Vereinbarung zwischen der Stadt Düsseldorf und den umliegenden Gemeinden, dem so genannten Angerland-Vergleich (siehe Kasten). Dieser garantiert den Anwohnern rund um den Airport eine ungestörte Nachtruhe von 22 Uhr abends bis sechs Uhr morgens.

Genau die Randzeiten des Tages aber sind für den Flughafen besonders attraktiv: Vor allem Geschäftsreisende fliegen gerne zu Tagesbeginn ab und kehren abends zurück – zum Lasten der Anwohner. Diese geben allerdings jetzt schon an, dass es der Airport auch ohne Kapazitätserweiterung mit geruhsamen Schlaf nicht allzu genau nimmt. Die Initiative „Bürger gegen Fluglärm“ zählte allein im vergangenen Sommer 980 Übertretungen der Nachtflugeinschränkungen. Die Anwohner berichten dabei von „geplanten Verspätungen“ einzelner Maschinen, die regelmäßig zu Sperrzeiten einfliegen.

Politische Unterstützung auf Landesebene erhalten die Anwohner lediglich von den Grünen – denn obwohl sich Kommunalpolitiker von CDU und FDP in Düsseldorfs Nachbarstädten gegen mehr Flugbewegungen aussprechen, geht für die Landtagsfraktionen Arbeit vor Nachtruhe. NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) sieht in der Erweiterung der Flughäfen Nordrhein-Westfalen eine „wahre Jobmaschine“, auch Oppositionsführer Jürgen Rüttgers hofft auf einen Arbeitsplatzboom im Luftverkehr.

Sollten CDU und FDP die NRW-Landtagswahl gewinnen, gilt eine Zustimmung zur Erweiterung von Düsseldorf als gewiss. Bleibt die Landesregierung Rot-Grün gefärbt, dürfte der Streit Thema bei den Koalitionsverhandlungen werden: „Düsseldorf hat über Tag noch Kapazitäten frei. Die sollten zuerst ausgenutzt werden, bevor man mehr Flugbewegungen genehmigt“, fordert Oliver Keymis, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag. Sollte Düsseldorf nicht expandieren dürfen, hieße dies nicht automatisch, dass die Belastungen an kleineren Regionalflughafen steigen würden, glaubt er. „Das Mobilitätsbedürfnis der Menschen im Land ist erfüllt“, sagt Keymis. Deshalb müsse das vor fünf Jahren beschlossene Luftverkehrskonzept der Landesregierung, das den Ausbau auch kleinerer Airports vorsieht, überarbeitet werden. „Wir haben uns mit dem flächendeckenden Ausbau verkalkuliert. Man kann Luftverkehr nicht unendlich generieren,“ so Keymis. Dass der Flughafen nun kurz vor der Landtagswahl derart vehement auf eine Genehmigung poche, bezeichnet der Parlamentarier als „wenig hilfreich“ für eine sachliche Abwägung zwischen wirtschaftlichem Interesse und Anwohnerschutz: „Das ist eine Drohung. So kann man mit einer Genehmigungsbehörde nicht umspringen.“