: Geiz doch nicht geil
Ende 2005 wird ein Pfund Kaffee fast eine Euro mehr als noch vor sechs Monaten. Das kündigte Großröster Melitta an, der 2004 den roten Zahlen nur knapp entging. Jetzt soll mehr Werbung helfen
von Jonas Zahl
Zuerst die gute Nachricht: Kaffee wird teurer – wenn man ihn nicht bei Aldi kauft. Rund 3,20 Euro kostet das Pfund Markenkaffee heute durchschnittlich im Laden, 60 Cent mehr als 2004. Und der Preis steigt weiter – um 50 Cent, im Laufe des Jahres. Das kündigte gestern der Hermann Arnold, Geschäftsführer der Melitta Kaffee GmbH an.
Solche „bemerkenswerte“ Preissprünge freuen nicht nur Lobbyisten wie Winfried Tigges, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Kaffeeverband. Auch Claudia Brück, Sprecherin von Transfair, ist begeistert: Das sei eine „sehr positive“ Entwicklung, „auf die wir schon seit langem gewartet haben.“ Denn wenn auch herkömmlicher Kaffee teurer werde, griffen die VerbraucherInnen eher zur fair gehandelten Variante. 3.000 Tonnen habe man 2004 absetzen können, so Brück, dennoch beträgt der Marktanteil lediglich ein Prozent.
Das sei „nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, winkt Arnold ab. Kein lohnendes Geschäft für Melitta. Das Unternehmen werde „auf keinen Fall“ den politisch korrekten Kaffee verkaufen: „Das rentiert sich nicht“. Ohnedies sei man im vergangenen Jahr als Kaffeeröster in arge Bedrängnis geraten: „2004 war das schlechteste Jahr für die Kaffeebranche seit dem Krieg“ klagt Arnold. Preis- und Umsatzentwicklung seien „enttäuschend“ gewesen, Dumpingpreise bei den Discountern ließen den Ladenpreis auf ein neues historisches Tief fallen: Aldi verkaufte seinen ebenfalls in Bremen gerösteten Markus-Kaffee unlängst für weniger als zwei Euro. Zieht man 1,10 Euro an Kaffeesteuer ab, bleiben 90 Cent für den Weg vom Kaffeepflücker zur Supermarktkasse. „Ein Verlustgeschäft“, so Arnold.
Schließlich steigen die Preise für Rohkaffee deutlich an. Kostete die Weltmarkteinheit von 0,45 Kilo Rohkaffee 2001 noch 0,45 Dollar, müssen die Einkäufer derzeit schon mindestens 1,60 Dollar bezahlen. Dennoch stehe nur hinter einem von zehn Abschlüssen an der Börse in New York auch ein reales Geschäft, so Arnold. Der Rest sei Spekulation internationaler Rohstoff-Fonds.
Wie viel Geld am Ende bei den Kaffeebauern ankommt, ist unklar. Maximal 50 Prozent des Weltmarktpreises blieben den ProduzentInnen, schätzt Brück.
Nach Jacobs und Tchibo drittgrößter deutscher Kaffeeröster hatte das Familienunternehmen Melitta im vergangenen Jahr einen Umsatz von 325 Millionen Euro zu verzeichnen, 0,8 Prozent mehr als 2003. Um sich gegen die Konkurrenz der Billiganbieter zu wehren, werde man jetzt verstärkt auf Imagewerbung setzen, so Arnold: 20 Millionen Euro hat das Unternehmen bereits im vergangenen Jahr dafür ausgegeben, in diesem Jahr steigt der Etat noch um ein Fünftel. Große Hoffnung setzen die Markenartikler auf Trendprodukte wie Kaffeevollautomaten oder Pads. Deren Marktanteil ist 2004 um satte 150 Prozent angestiegen – obwohl der Kaffee deutlich teurer ist. Kostet eine Tasse klassischen Filterkaffees zu Hause noch nicht einmal fünf Cent, ist der mit Hilfe von Pads aufgebrühte Kaffee dreimal teurer.